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Lucas D.
Introna52
So lässt sich die Werbeanzeige beispielsweise auf verschiedenen Stellen des
Screens platzieren und eruieren, wie viele Klicks sie an der jeweiligen Stelle
provoziert. Die frühen Werbebanner (wie die in Abb. 2.3) waren ›hard-coded‹
oder direkt in den HTML-Code der Webseite eingefügt. Dieses Vorgehen war
recht unflexibel und erlaubte keine dynamische Bedienung der Bannerwer-
bungen, ebenso rigide war das Verfahren hinsichtlich der Sammlung von
Daten über das Klickverhalten der Nutzer. Daher war ein neuer Akteur inner-
halb der soziomateriellen Assemblage vonnöten: der Adserver. Der Adserver
blendet Werbungen dynamisch in prädefinierten und standardisierten Stellen
oder an vom Browser angeforderten Stellen ein. Anfangs waren die Adserver
auf dem Webserver des Herausgebers platziert. Es war freilich nur eine Frage
der Zeit, bis die Funktion auf externe Adserver (sogenannte third-party ad-ser-
ver) ausgegliedert wurde. Einer der ersten entkoppelten und ›zentralisierten
Werbeserver‹ war der SmartBanner der Firma Focalink. In einer Pressemittei-
lung vom 05. Februar 1996 gab Focalink an, dass SmartBanner
»tausende verschiedene Werbebotschaften halten und hunderte Webseiten gleich-
zeitig bedienen kann. Es erlaubt Vermarktern die Kontrolle über ihre Internetwerbung
auszuüben und die geeignetsten Werbebotschaften an ausgewählte Kundensegmen-
te zu übermitteln. […] Bisher war das Internetmarketing auf das Gießkannenprinzip
beschränkt.«10
Diese sich rapide verändernden Rahmenbedingungen, unter denen Werbe-
inhalte dynamisch geschaltet werden konnten, machten Größen- und Platzie-
rungsstandards für die kreativen Inhalte notwendig, um deren Entwicklung
zu erleichtern. Ein Set an Regeln für Anzeigewerbung wurde 1996 von dem
neu gegründeten Interactive Advertising Bureau (IAB) erstellt, das es erlaubte,
Werbungen ohne Überleitungen in Browsern wiederzugeben (Goldfarb/Tu-
cker 2014). Diese Standardisierungen wurden von Werbern nicht immer für
gut befunden, zumal sie die Entstehung von standardisierten Räumen der Ir-
relevanz (sogenannte ›Gossen‹ [»Gutters«] an den Seitenrändern) erleichterte.
Dabei handelt es sich um Räume, in denen Werbung von vornherein erwartet
und damit als weniger relevant oder sogar als irrelevant angesehen wird (Gold-
farb/Tucker 2014).
Mit der rapiden Vermehrung von anklickbaren Werbebannern und der
gleichzeitigen Explosion von Verlegern – jeder Hersteller einer Webseite war
schließlich ein potentieller Verleger – begannen die Klickraten zu fallen.11
10 | www.thefreelibrary.com/Major+Companies,+Ad+Agencies+Using+New+Inter-
net+Ad+Server%3B+Focalink’s.-a017920427 (zuletzt abgerufen am 20. Februar 2016).
11 | www.comscore.com/Insights/Press-Releases/2009/10/comScore-and-
Starcom-USA-Release-Update-Natural-Born-Clickers-Study-Showing-50-Percent-
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Title
- Algorithmuskulturen
- Subtitle
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Author
- Robert Seyfert
- Editor
- Jonathan Roberge
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 242
- Keywords
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Category
- Technik