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ALJ 1/2015 Gerhard Hafner 134
sondere von Seiten der Sowjetunion, aber auch in anderen Mitgliedstaaten der EU, wie etwa in
GroĂbritannien, als Hindernis des Beitritts vorgebracht worden. Erinnerungen an VorgĂ€nge wie
das Gutachten des StÀndigen Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahre 1931 wurden wach,
wo der Plan einer Zollunion Ăsterreichs mit Deutschland als VerstoĂ gegen den Staatsvertrag
von St. Germain von 1919 und die Genfer Protokolle von 1922 qualifiziert wurde.39 Ăsterreichs
Gegenargument bestand aber darin, dass dieser Beitritt nicht eine politische und wirtschaftli-
che Verbindung zu Deutschland bewirke, sondern zur EU, und somit eine Verbindung zu allen
MS der EU schaffe. Dieser Beitritt verfolge Zwecke, die jenen des von Art 4 verbotenen An-
schlusses diametral entgegenstĂŒnden, da er eine Diversifizierung des österreichischen AuĂen-
handels bezwecke, wÀhrend Art 4 Staatsvertrag davon ausgehe, dass der dort gemeinte An-
schluss eine wirtschaftliche Verflechtung allein mit Deutschland bewirken und Ăsterreich dem
politischen Willen Deutschlands unterwerfen wĂŒrde. Allerdings wurde in der weiteren Folge
das Problem des Anschlussverbots nicht mehr angeschnitten, sodass sich die österreichische
Ansicht durchsetzte.
Zweifellos bestand die Furcht vor einer Germanisierung der EU oder vor einer StÀrkung des
germanischen oder deutsch sprechenden Blocks, doch schwand diese Furcht angesichts der
RealitÀt innerhalb der Union.
Aus der Beitrittsgeschichte sei noch eine kleine Begebenheit betreffend die KompatibilitÀt mit
dem Staatsvertrag angefĂŒgt: Art 10 Z 2 Staatsvertrag verpflichtet Ăsterreich dazu, das Habs-
burgergesetz40 beizubehalten, womit die Habsburger aus Ăsterreich vertrieben wurden, soweit
sie keine ThronverzichtserklÀrung abgegeben hatten. AnlÀsslich des Beitritts wurde argumen-
tiert, dass die PersonenfreizĂŒgigkeit in der EU das Habsburgergesetz verdrĂ€nge und den Habs-
burgern die Einreise erlaube.41 Diesem Argument stand und steht aber der jetzige Art 351
AEUV zum Schutz von mit Drittstaaten abgeschlossenen VertrĂ€gen entgegen; im Ăbrigen ist
das Problem derzeit obsolet, da kein Thronnachfolgeanspruch mehr besteht.
Nichtsdestoweniger tauchte jenes Problem des Anschlussverbots wieder in einem anderen
Zusammenhang auf, als sich nÀmlich Zypern um die Mitgliedschaft in der EU bewarb. Der Ga-
rantievertrag42, der zu den Grunddokumenten der Entstehung Zyperns zÀhlt, verbietet Zypern
in Art 143, an irgendeiner politischen oder wirtschaftlichen Union mit irgendeinem anderen
Staat teilzunehmen.
39 IGH, Austro-German Customs Union, Advisory Opinion of 5 September 1931, StiGH Ser A/B41 (1931).
40 StGBl 1919/209.
41 http://sga.monarchisten.org/home/aktuelles/186-verfassungsexperte-restauration-kein-verfassungsbruch.html
(abgefragt am 13. 3. 2015); interessanterweise ist auf der Website http://www.verfassungen.de/at/at18-34/habs-
burggesetz19.htm (abgefragt am 13. 3. 2015) festgehalten: âHeute kann jedoch das Gesetz, insbesondere hinsicht-
lich der Landesverweisung, als nicht mehr bindend betrachtet werden, da Ăsterreich durch seinen Status als
Mitgliedstaat der EuropÀischen Union dieses Gesetz als im Widerspruch mit dem EuropÀischen Recht stehend
anerkennen muss (wegen âFreizĂŒgigkeitâ).â
42 Vertrag betreffend die Aufrechterhaltung der UnabhÀngigkeit, territorialen Unversehrtheit und Sicherheit sowie
der staatsrechtlichen VerhÀltnisse der Republik Zypern (Garantievertrag) vom 16. 8. 1960, UKTS 1961 No 5; 164
BFSP 388.
43 âThe Republic of Cyprus undertakes to ensure the maintenance of its independence, territorial integrity and
security, as well as respect for its Constitution. It undertakes not to participate, in whole or in part, in any political
or economic union with any State whatsoever. It accordingly declares prohibited any activity likely to promote,
directly or indirectly, either union with any other State or partition of the Island.â
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Austrian Law Journal
Volume 1/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2015
- Author
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 188
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal