Page - 18 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2018
Image of the Page - 18 -
Text of the Page - 18 -
ALJ 2018 Elisabeth Staudegger 18
OA-Pflicht für Abschlussarbeiten bzw Dissertationen vorzusehen, bleibt die Universität als Verord-
nungsgeber im Rahmen ihrer Rechtssetzungsautonomie verpflichtet, die grundrechtliche Zulässig-
keit der konkreten Bestimmung zu gewährleisten.101 Die Argumentationslast wird so zusätzlich auf
die Universitäten überbürdet.
Schon der erste Anschein macht deutlich, dass eine „Veröffentlichungspflicht in einem öffentlich
zugänglichen Repositorium“ zweifellos stärker in das grundrechtlich garantierte Urheberrecht der
AutorInnen eingreift, als das bisherige Modell. Will man die (grund-)rechtliche Zulässigkeit einer
entsprechenden Satzungsbestimmung untersuchen, ist zunächst das Vorhaben genau zu be-
schreiben.
1. Grundlegende Anforderungen an eine OA-Pflicht: Bestimmtheitsgebot
Recht, Gesetze wie Verordnungen, zu denen insb die Satzung einer Universität zählt,102 muss
Zweck und Mittel eines Grundrechtseingriffs ausreichend erklären. Wollte man eine OA-Pflicht an
Universitäten tatsächlich umsetzen, wäre zunächst abzuklären, was unter „Open Access“ konkret
verstanden wird und welches Modell verfolgt werden soll.
a. Open Access
Die technischen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie, vor allem die
Infrastruktur des Internet und der darauf aufsetzenden Dienste, wie insb das World Wide Web,
ermöglichen die Veröffentlichung und weltweite Verbreitung von digitalem Content jeglicher Art
zu vergleichsweise geringen Kosten auf unterschiedlichste Weise. „Open Access“ ist eine Bewe-
gung, die sich der möglichst umfassenden Dissemination wissenschaftlicher Ergebnisse auf digi-
talem Weg widmet.103 Unterschieden wird hier bekanntlich der sog „grüne Weg“ (Primärveröf-
fentlichung traditionell in einem Fachverlag mit anschlieĂźender ZurverfĂĽgungstellung in einem
offenen Repositorium) vom sog „goldenen Weg“ (bei dem bereits die Primärveröffentlichung frei
zugänglich ist); bekannt sind auch Zwischenlösungen, sog „hybrider Weg“.104
In Österreich hat sich insb der FWF als Unterzeichner der sog „Berliner Deklaration“105 aus 2003
dazu bekannt, „[...] den freien und nachhaltigen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen und
101 Es soll daran erinnert werden, dass Verstöße gegen Unionsrecht, Sekundärrecht gleich wie GRC, der Republik
Österreich zugerechnet werden und so Gegenstand der Staatshaftung sein können (dazu ausf K. Walter, Rechts-
fortbildung durch den EuGH. Eine rechtsmethodische Untersuchung ausgehend von der deutschen und franzö-
sischen Methodenlehre (2009) 107 ff (109) und 174 f mwN aus der Rsp des EuGH). Die Erläuterungen zur Charta
der Grundrechte, ABl C 2007/303, 17 (32), verweisen auf die Rsp (insb EuGH 13. 4. 2000, C-292/97, Kjell Karlsson
ua mwN), wonach die Mitgliedstaaten bei der DurchfĂĽhrung der unionsrechtlichen Regelungen auch die Erfor-
dernisse des Grundrechtsschutzes beachten müssen und erklären dies wie folgt: „Diese in der Charta verankerte
Regel gilt natürlich sowohl für die zentralen Behörden als auch für die regionalen oder lokalen Stellen sowie für die öf-
fentlichen Einrichtungen, wenn sie das Unionsrecht anwenden.“ Kein Zweifel besteht schließlich, dass die Staatsge-
walten inkl öffentlich-rechtlicher Körperschaften (wie eben die Universitäten) zu den Grundrechtsverpflichteten
zählt (dazu statt aller Berka, Verfassungsrecht6 Rz 1248 ff).
102 Vgl § 19 Abs 1 UG.
103 Vgl zu den Anfängen der Open-Access-Bewegung zB die Informationen auf der Plattform https://open-access.net;
hier finden sich auch ausf Informationen ĂĽber GrĂĽnde fĂĽr und gegen das Modell (zuletzt abgefragt am 28. 5.
2018).
104 Zu den Details vgl https://www.fwf.ac.at/de/forschungsfoerderung/open-access-policy/ (zuletzt abgefragt am
28. 5. 2018).
105 https://openaccess.mpg.de/Berlin-Declaration (zuletzt abgefragt am 28. 5. 2018).
back to the
book Austrian Law Journal, Volume 1/2018"
Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal