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ALJ 2018 Christoph Kronthaler 35
der ursprĂĽnglichen vertraglichen Ă„quivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung.71 Der Kreditge-
ber soll nicht durch eine nachträgliche Verteuerung seiner Refinanzierungskosten benachteiligt
werden; der Kreditnehmer soll aber umgekehrt auch von einer aus seiner Sicht günstigen Verän-
derung der Refinanzierungsmöglichkeiten des Kreditgebers profitieren. Die Zinsgleitklausel soll
zugunsten beider Vertragsparteien wirken!
C. Dysfunktionalität der in der Praxis verwendeten Zinsgleitklauseln?
Der jüngst gleich mehrfach erhobene Einwand, dass die derzeit gängigen Referenzzinssätze die
tatsächlichen Refinanzierungskosten des Kreditgebers in Wahrheit nur ungenügend abbildeten,72
verfängt jedenfalls im Rahmen der hier anzustellenden Überlegungen zur Vertragsauslegung
nicht. Einigen sich Kreditgeber und Kreditnehmer ĂĽber einen variablen Zinssatz, bringen beide
damit übereinstimmend zum Ausdruck, dass die gewährte Leistung mit der dafür hingegebenen
Gegenleistung als „vergolten“ anzusehen ist (§ 917 ABGB).
Der vereinbarte Referenzzinssatz bildet die tatsächlichen Refinanzierungskosten des Kreditge-
bers zu keinem Zeitpunkt ganz korrekt ab73; weder beim Vertragsabschluss noch irgendwann
während der Laufzeit des Kredits. Das Risiko, dass die Veränderung der eigenen Refinanzie-
rungskosten nicht mit jener des Referenzzinssatzes korreliert, hat nach allgemeinen Grundsät-
zen74 der Kreditgeber zu tragen. Die anfängliche, von den Vertragsparteien in beiderseitigem
Einverständnis bestimmte „subjektive Äquivalenz“ kann deshalb während der Kreditlautzeit nur
dadurch aufrechterhalten werden, dass sich das vom Kreditnehmer laufend zu zahlende Entgelt
entsprechend dem vereinbarten Indikatorwert anpasst. Es ist davon auszugehen, dass allfällige
ĂĽber dem Referenzzinssatz liegende Refinanzierungskosten bereits im Aufschlag eingepreist
sind.75
D. Entgeltlichkeit
Told76 hat vor kurzem Bedenken dahingehend geäußert, dass sich eine auch bloß „zeitweise Null-
verzinsung“ in Widerspruch „zur übereinstimmenden Vorstellung der Parteien beim Vertragsab-
schluss“ setzen könnte. Daher habe der Kreditnehmer „zu den vereinbarten Zeitpunkten einen (Min-
dest)Zins zu leisten“, wobei sich dieser wirtschaftlich „kaum von einer Nullverzinsung“ unterscheide.
Sofern mit dem Kreditnehmer zusätzlich Vergütungen vereinbart worden wären, „die unabhängig
von einem Nullzinssatz die Entgeltlichkeit des Vertrages begrĂĽnden, wird auch eine zeitweise Nullver-
zinsung vom gemeinsamen Konsens getragen sein“.77
Abgesehen davon, dass in praxi neben dem Sollzinssatz wohl stets zusätzliche Leistungen vom
Kreditnehmer geschuldet sind, beruhen die AusfĂĽhrungen von Told auf einem unrichtigen Ver-
71 Ellenberger in FS Hopt II 1754, 1757; Omlor in Staudinger, BGB § 246 BGB Rz 62; Krepold in Schimansky/
Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch5 Rz 78/70; vgl auch Iro, Einseitige Kreditzinsenanpassung durch die Bank?
RdW 1985, 266; Eliskases, JBl 2017, 740. S ferner Coester in Staudinger (Hrsg), BGB (2013) § 307 BGB Rz 330a. OGH
10 Ob 80/15k = ZFR 2017, 78 (Butschek); OGH 8 Ob 31/12k = Ă–BA 2012, 691 (Butschek).
72 G. Graf, ZFR 2017, 370; Ch. Rabl, Ă–BA 2017, 355; B. Koch, Anmerkung zu OGH 4 Ob 60/17b, Ă–BA 2017, 423 (425).
73 Vgl schon Kronthaler, Ă–JZ 2017, 107. Dies zur Kritik von B. Koch, Ă–BA 2017, 424.
74 ZB Told, ÖBA 2017, 840; näher zur Tragung des Beschaffungsrisikos durch den Leistungsschuldner unter Pkt V.D.
75 Darauf weist Told, Ă–BA 2017, 829, zu Recht hin.
76 Ă–BA 2017, 835 ff.
77 Im praktischen Ergebnis dĂĽrfte die Auffassung von Told, Ă–BA 2017, 832 ff, jener des Verfassers entsprechen
(Nullverzinsung, aber keine Negativzinsen möglich; vgl Kronthaler, ÖJZ 2017, 103 ff; ders, Zak 2017, 224 ff).
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Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal