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ALJ 2019 Finanzielle Sanktionen bei NichterfĂĽllung von EuGH-Urteilen 59
abschreckend sind, wird der Betrag auch mit dem Anpassungsfaktor wie folgt multipliziert: 571.000
€ x 4,5 = 2.569.500 €. Der sich daraus ergebende Faktor „n“ je Mitgliedstaat ist in Anhang I und der
sich daraus ergebende Mindestpauschalbetrag in Anhang II der Mitteilung der Kommission C(2019)
1396 final21 enthalten.
Die Kommission wird die angepasste Methode ab dem Tag der Veröffentlichung ihrer Mitteilung
C(2019) 1396 final im Amtsblatt, dh am 25. Februar 2019, anwenden. Obwohl die nach der ange-
passten Methode berechneten Beträge im Vergleich zur derzeitigen Situation niedriger sein könn-
ten, entsprechen sie eher der Praxis des Gerichtshofs, die generell niedrigere GeldbuĂźen als die
von der Kommission ihm vorgeschlagenen Beträge vorsieht.22
Was die Konsequenzen des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der EU betrifft, so wird
die Kommission – sobald der Austritt rechtswirksam wird und unabhängig davon, ob das Austritts-
abkommen23 in Kraft tritt oder nicht – die jeweiligen Durchschnittswerte neu berechnen und die in
den Anhängen I und II enthaltenen Zahlen entsprechend anpassen müssen.
V. Fazit
Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass der Kommission der vom Gerichtshof festgestellte Wech-
sel vom System der „gewichteten“ Stimmen im Rat zum System der „doppelten Mehrheit“ zum 1.
April 2017 nicht aufgefallen sei, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dies zwar schon
der Fall gewesen ist, die Kommission aber der Meinung war, dass zum Zeitpunkt der Klageerhe-
bung – dh am 22. Februar 2017 – in der gegenständlichen Rs C-93/17 das alte System der „Stim-
mengewichtung“ noch nicht ausgelaufen gewesen sei – was ja tatsächlich erst am 1. April 2017 der
Fall gewesen ist (sic) – sodass der Faktor, der sich aus dem alten System der Stimmengewichtung
ergibt, nach wie vor eine für die Berechnung der Sanktionen zweckmäßige Bezugsbasis gewesen
sei;24 eine Ansicht, der der Gerichtshof allerdings nicht gefolgt ist. Er stellte vielmehr fest, dass hin-
sichtlich der Dauer des VerstoĂźes auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der Gerichtshof den
Sachverhalt wĂĽrdigt, und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem er von der Kommission angerufen wor-
den ist.25
Ob sich der Gerichtshof mit der neuen Berechnungsmethode der Kommission für Pauschalbeträge
und Tagessätze für das Zwangsgeld „anfreunden“ wird, bleibt abzuwarten – er ist ja in seinem Urteil
bei der Berechnung des Faktors „n“ lediglich von der Berücksichtigung des BIP des betroffenen
Mitgliedstaates ausgegangen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich auch unter BerĂĽcksichtigung der neuen Be-
rechnungsmethode der Kommission an der Höhe der finanziellen Sanktionierung verurteilter, aber
21 Mitteilung der Kommission C(2019) 1396 final 7 f.
22 Vgl Vertragsverletzungen: Kommission passt ihre Methode zur Berechnung finanzieller Sanktionen an;
https://ec.europa.eu/germany/news/20190220-vertragsverletzungen_de (abgerufen am 29. April 2019).
23 Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen
Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl 2019, CI 66, 1 ff; siehe dazu auch Mitteilung der Kommission
COM(2018) 833 final.
24 EuGH 14. 11. 2018, C-93/17, Europäische Kommission/Hellenische Republik (ECLI:EU:C:2018:903) Rn 100.
25 EuGH 14. 11. 2018, C-93/17, Europäische Kommission/Hellenische Republik (ECLI:EU:C:2018:903) Rn 130, unter
Bezugnahme auf sein Urteil vom 31. Mai 2018 in der Rs C-251/17, Kommission/Italien Rn 78 (ECLI:EU:C:2018:358).
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Austrian Law Journal
Volume 1/2019
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2019
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 126
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal