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ALJ 2019 Die Aussetzung (§ 334 StPO) 83
B. Die Aussetzung ist zu begründen, kann beantragt werden und unterliegt
gerichtlicher Überprüfung
Sofern die Berufsrichter einstimmig eine Aussetzung anstrebten124, wäre diese zu begründen und
unterläge (aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung) einer Anfechtungsmög-
lichkeit zum OGH. Für die Berufsrichter wäre eine solche Begründungsleistung auf Grund ihrer
eigenen Anwesenheit in der Verhandlung und der vom Vorsitzenden vorgenommen Rechtsmittel-
belehrung und nach einem etwaig stattgefunden habenden und dokumentierten Moniturverfah-
ren einfach zu erbringen. Die Berufsrichter können als am Verfahren unmittelbar Beteiligte und
auf Grund ihrer juristischen Kenntnisse überprüfbar darlegen, weshalb sie von einem Irrtum der
Laienrichter ausgehen. In einem solch skizzierten Procedere läge auch kein Ersetzen des Urteils
der Geschworenen über die Schuld durch eine eigene Entscheidung der Berufsrichter, da jene nur
zum Ausdruck brächten, warum ihnen (einstimmig) die Geschworenengerichtsentscheidung als
grob verfehlt und somit nicht mehr vertretbar erscheint. Nur die Schlüssigkeit und Nachvollzieh-
barkeit dieser Ausführungen würde in einer Überprüfung vor dem OGH behandelt werden, wel-
cher somit allein festzustellen hätte, ob ein diesbezüglicher „Irrtum“ der Geschworenen iSd § 334
StPO zu Recht oder zu Unrecht angenommen wurde. Der OGH würde mit einem solchen Verfahren
damit nicht in der Sache selbst entscheiden, sondern nur prüfen, ob der Schwurgerichtshof mit
überzeugender Begründung darlegen konnte, warum er der Auffassung ist, dass die Geschwore-
nenbank eine (tatsächlich oder rechtlich) unvertretbare Entscheidung gefällt hat. Die Beurteilung
des OGH beträfe somit allein die Frage nach der Darlegung der Unvertretbarkeit, nicht jedoch eine
eigene Beweiswürdigung in der Sache.
Bei Bejahung einer überzeugenden Begründung hinsichtlich einer unvertretbaren Entscheidung
der Geschworenen würde der „schwebende Aussetzungsbeschluss“ des Schwurgerichtshofs Wirk-
samkeit erlangen und zu einer Aussetzung des ersten Urteils sowie zu einer Verweisung der Sache
an ein anderes Geschworenengericht iSd § 334 Abs 2 StPO führen. Sofern der OGH den Ausset-
zungsbeschluss hinsichtlich der angeführten Gründe – welche sich inhaltlich freilich nicht in Flos-
keln oder darin erschöpfen dürften, festzustellen, dass das Schwurgericht anders entschieden
hätte oder falsche rechtliche Bewertungen in der Hauptsache durch die Geschworenen getätigt
worden seien, ohne diese zu benennen – nicht für überzeugend ansähe, wäre jener aufzuheben
und eine Rückverweisung an das erste Gericht die Folge, welches hernach das durch die Geschwo-
renen gesprochene Urteil verkünden müsste. Jenes bliebe danach mit allen sonstigen im Geschwo-
renengerichtsverfahren vorgesehenen Rechtsmitteln vom Angeklagten wie der Staatsanwaltschaft
bekämpfbar.
Ein solches Verfahren würde sowohl der Geschworenengerichtsbarkeit und ihrem in Art 91 Abs 2
B-VG ausgedrückten Stellenwert bedeutend mehr entsprechen als dies bis dato der Fall ist, den
damit in Verbindung stehenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (anders als derzeit) in hö-
herem Maße beachten und im Moment existente diesbezügliche Friktionen beseitigen, dem Gebot
124 Oder eine solche von Seiten der Staatsanwaltschaft, des Angeklagten oder eines Privatbeteiligten beantragt würde
und die Berufsrichter (gewissermaßen nach Hinweis) nach Beratung zum einstimmigen Entschluss einer Ausset-
zung gelangten; auch dies würde eine Veränderung des Wortlauts des § 334 Abs 1 StPO sowie des Verständnisses
des Charakters der Aussetzungsnorm voraussetzen; vgl allgemein hierzu Sadoghi, Geschworenengerichtsbarkeit
241 f; dieselbe, JSt 2008, 81-84.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2019
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2019
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 126
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal