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ISSN: 2409-6911
(CC-BY) 4.0 license
www.austrian-law-journal.at
DOI: 10.25364/01.8:2021.1.1
Fundstelle: S.-F. Kraus, Der Schadenersatz als Folge des Verlöbnisbruchs? ALJ 2021, 1â23 (http://alj.uni-
graz.at/index.php/alj/article/view/152).
VerschuldensunabhÀngiger Schadenersatz als Folge des
Verlöbnisbruchs?
Zugleich ein Beitrag zur Lehre vom âverschuldensunabhĂ€ngigen
Vertrauensschutzâ
Sixtus-Ferdinand Kraus,* Linz/Wien
Abstract: GeĂ€nderte moralische Wertvorstellungen und aufgeklĂ€rtere LebensverhĂ€ltnisse1 fĂŒhren
dazu, dass die Regelungen zum Verlöbnis seit ihrem In-Kraft-Treten im Jahr 1811 sukzessive an
Relevanz verlieren.2 Wenig praxisrelevant mag daher auch die Lösung der Kontroverse scheinen,
ob der Schadenersatzanspruch bei VerlöbnisrĂŒcktritt Verschulden voraussetzt (s § 46 ABGB). Zu
bedenken ist aber, dass die rechtliche Wirkung des RĂŒcktritts vom Eheverlöbnis auĂerhalb des
Familienrechts Wirkungen entfalten könnte. Denn es ist a priori nicht gesagt, dass § 46 ABGB nicht
als gesetzlicher Anhaltspunkt oder sogar als Analogiebasis fĂŒr eine Ersatzpflicht bei Ă€hnlich
gelagerten Problemen in Betracht kommt. Im Schrifttum kursieren jedenfalls Sachverhalte, fĂŒr die
zumindest ein Teil der Lehre eine verschuldensunabhÀngige Ersatzpflicht auf eine Analogie zu § 46
ABGB stĂŒtzt. Es handelt sich um Sachverhalte, die man gemeinhin unter den Schlagworten âHaftung
wegen Abbruchs der Vertragsverhandlungenâ zusammenfasst.3 In diesem Zusammenhang wĂ€re
der schadenersatzrechtlichen Folge bei Verlöbnisbruch tatsÀchlich Beachtung zu schenken, wenn
sich nachweisen lieĂe, dass das ABGB mit § 46 einen Tatbestand kennt, in dem das in
Aussichtstellen eines Vertragsabschlusses auf eine verschuldensunabhÀngige Ersatzpflicht trifft.
Deshalb analysiert der Beitrag die Wertungen, die der Haftung gemÀà § 46 ABGB zu Grunde liegen.
Keywords: Verlöbnis, Verlöbnisbruch, RĂŒcktritt vom Verlöbnis, negativer/positiver Vertrauensschutz,
Abbruch von Vertragsverhandlungen, Vertragsabbruchshaftung, verschuldensunabhÀngige
Haftung/Schadenersatzpflicht, Schadenersatzanspruch, Vertrauensschaden
* Sixtus-Ferdinand Kraus ist UniversitĂ€tsprofessor der Abteilung Grundlagenforschung/Institut fĂŒr Zivilrecht der Johannes
Kepler UniversitÀt Linz und Rechtsanwalt in Wien.
1 Das zeigt sich deutlich an der EinschÀtzung Swobodas (Freiheitliche Gedanken in unserem Eherecht, GZ 1923, 57 [58]) aus
dem Jahr 1904. Sowoboda hielt das Eheverlöbnis, das sich aus einem natĂŒrlichen BedĂŒrfnis heraus entwickelt habe, fĂŒr sehr
zweckmĂ€Ăig. Denn â[d]ie Brautleute gewinnen in der Regel erst durch den Brautstand, d.i. das durch das Verlöbnis
geschaffene VerhĂ€ltnis, hinreichende Gelegenheit, sich gegenseitig kennen zu lernen.â Heute ist die Situation ĂŒblicherweise
anders. Man lernt sich bereits vor dem Verlöbnis kennen, lebt oft schon gemeinsam und verlobt sich auf Grund dessen (vgl
Roth in MĂŒnchener Kommentar zum BGB IX8 [2019] § 1298 Rz 10 in Fn 40).
2 So Canaris, Das Verlöbnis als âgesetzlichesâ RechtsverhĂ€ltnis, AcP 165 (1965) 1 (1); s aber auch Höllwerth in
Gitschthaler/Höllwerth (Hrsg), Kommentar zum Ehe- und Partnerschaftsrecht (2011) § 45 ABGB Rz 3.
3 Siehe dazu noch die Nachweise in Fn 130.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2021
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2021
- Author
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 59
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal