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ALJ 2021 Lindenbauer 52
Hromadkas ist jedoch ein wenig verkĂĽrzt, weil man in fremdem Eigentum stehende Sachen
durchaus als „belastet“ in dem Sinne bezeichnen könnte, dass sie nicht zum Haftungsfonds
gehören – und trotzdem können sich genau solche Sachen immer auch im Besitz des
Schuldners befinden. Richtig ist jedenfalls, dass die Entfernung von pfandrechtlich belasteten
Sachen aus der Gewahrsame des Schuldners im Zentrum des Faustpfandprinzipes steht.206
Eine Konsequenz des pfandrechtlichen Publizitätsprinzipes ist daher jedenfalls die folgende:
Was der Sicherungsgeber nicht in Gewahrsame hat, das ist grundsätzlich auch nicht dem
Haftungsfonds zuzuordnen. Ein gänzlicher Umkehrschluss ist dabei allerdings nicht zulässig:
Zwar dürfen potentielle Gläubiger davon ausgehen, dass sich keine verpfändeten Sachen in
der Gewahrsame des Schuldners befinden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle in der
Gewahrsame des Schuldners befindlichen Sachen automatisch dessen Haftungsfonds
zuzuordnen sind. Wie schon mehrfach ausgeführt, könnten bestimmte Sachen ja auch
geliehen, gemietet, geleast oder verkauft und bereits mittels Besitzkonstitut ĂĽbergeben sein.
Reiht man in diese Aufzählung auch noch unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sachen ein, so
ist durch dessen Ausnahme vom Publizitätsprinzip kein Widerspruch zu erkennen. Sämtliche
der soeben aufgezählten Sachen stehen in fremdem Eigentum – und mit fremdem Eigentum
in der Gewahrsame des Schuldners ist wohl immer zu rechnen. Womit nach der hier
vertretenen Ansicht aufgrund des Faustpfandprinzipes nicht gerechnet werden muss, sind
pfandrechtlich belastete Sachen. Als Zwischenfazit kann daher festgehalten werden, dass das
pfandrechtliche Publizitätsprinzip gar nicht darauf abzielt, dass alle im Besitz des Schuldners
befindlichen Sachen dem Haftungsfonds zuzuordnen sind, sondern vielmehr darauf, dass
sich darunter keine pfandrechtlich belasteten Sachen befinden.207
In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, wie die Ausnahme des
Eigentumsvorbehaltes von diesem Prinzip mit dem Ziel des Gläubigerschutzes zu
vereinbaren ist. Die Antwort könnte insbesondere darin liegen, dass die Entfernung der
Sache aus der Gewahrsame des Schuldners beim Eigentumsvorbehalt gar nicht nötig ist, um
zu verhindern, dass ein potentieller Gläubiger in seinem Vertrauen auf den Haftungsfonds
enttäuscht wird. Zur Überprüfung von dessen Nichtbestehen reicht im Gegensatz zum
Pfandrecht nämlich eine bloße Bestätigung des Verkäufers aus. Selbiges gilt für einen (wie
auch immer gestalteten) Eigentumsnachweis. Kann der potentielle Gläubiger ermitteln, dass
bestimmte Sachen in der Gewahrsame des Schuldners auch in dessen Eigentum stehen bzw
erhält er zumindest Zugang zu einer Zahlungsbestätigung in Verbindung mit einem
Kaufvertrag oder einer Rechnung208, so darf der Gläubiger jedenfalls darauf vertrauen, dass
diese Sachen nicht mit einem Eigentumsvorbehalt belastet sind. Auch die Gefahr einer
aktiven Täuschung durch den Schuldner ist hier minimiert, weil für die Erstellung eines
Zahlungsnachweises bzw von sonstigen Dokumenten, welche das Eigentum des Schuldners
(oder zumindest das Nichtbestehen eines Eigentumsvorbehaltes) nachweisen, grundsätzlich
eine dritte Partei involviert werden muss. In Bezug auf möglicherweise bestehende
Pfandrechte hilft ein Eigentumsnachweis oder eine Zahlungsbestätigung demgegenüber
206 Vgl auch Spitzer, JBl 2014, 556: „Aus teleologischen Gründen [...] geht es nicht darum, dass die Pfandsache beim
Pfandgläubiger ist, sondern darum, dass sie nicht beim Pfandbesteller ist.“
207 Vgl hierzu auch Faber in FS 40 Jahre IPRG 350 f.
208 Vgl hierzu Faber, ÖBA 2019, 408 (Kaufvertrag und Zahlungsbestätigung); Mayrhofer, ÖJZ 1969, 202 (Rechnung und
Zahlungsbeleg). Vgl auch Spitzer, JBl 2014, 559, wonach ein Eigentumsbeweis grds etwa durch Vorweisen der Rechnung
gelinge.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2021
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2021
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 59
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal