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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 213
nach der Judikatur: Soweit irgend möglich, muss die verpfändete Sache der Zugriffsmacht des
Schuldners entzogen werden.3
Im österreichischen Mobiliarsicherungsrecht haben diese Grundsätze – nahezu – allgemeine Gültig-
keit erlangt: Dieselben Regeln gelten aufgrund analoger Anwendung fĂĽr die SicherungsĂĽbereignung
beweglicher körperlicher Sachen.4 Entsprechendes gilt ferner für die Verpfändung und Sicherungs-
zession von Forderungen: Zu deren Wirksamkeit bedarf es entweder einer Verständigung des Dritt-
schuldners oder der Eintragung in den Geschäftsbüchern (heute der EDV-Buchhaltung) des Siche-
rungsgebers.5 Der gemeinsame Grundgedanke ist einfach: Das Bestehen dinglicher Sicherungs-
rechte soll, weil sie sich grundsätzlich gegenüber jedermann durchsetzen, der gegen den Siche-
rungsgeber Ansprüche hat oder begründen möchte, nach außen hin erkennbar sein.
Nur ein dingliches Sicherungsrecht verlangt nach ganz hA6 zum österreichischen Recht keinerlei
Publizität: der Eigentumsvorbehalt.7 Auf eine bewusste Entscheidung des ABGB-Gesetzgebers
gründen lässt sich dies nicht: Vorläufer eines auf Vertragsvereinbarung beruhenden Eigentums-
vorbehalts (zum Teil auch in Gestalt eines „Pfandrechtsvorbehalts“) waren in den deutschspra-
chigen Ländern zwar an sich schon seit Längerem in Gebrauch.8 In den Kodifikationsarbeiten
zum ABGB haben solche Sicherungsinstrumente allerdings, soweit ersichtlich, keine Rolle ge-
spielt. Vielmehr war in den VorentwĂĽrfen zum ABGB unter bestimmten Voraussetzungen sogar
eine von Gesetzes wegen eintretende Sicherung der offenen Kaufpreisforderung durch Hinaus-
(Hrsg), Kommentar zum ABGB I3 (2000) § 452 Rz 2; Mader in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.02 (2014) § 427 Rz 4
mwN. Gegen die von der hA angenommene Bedeutungslosigkeit wirtschaftlicher Gesichtspunkte mit Blick auf
die Entstehungsgeschichte des § 452 ABGB Migsch, Faustpfandprinzip und Publizitätsprinzip – Dargestellt anhand
der Verpfändung eines Warenlagers, in FS Welser (2004) 711 (738 f und passim).
3 Siehe etwa OGH 1 Ob 646/79 JBl 1980, 454; OGH 3 Ob 2442/96f Ă–BA 1998, 216 (SpielbĂĽchler); vgl auch OGH 3 Ob
113/84 JBl 1985, 541.
4 Grundlegend Wellspacher, SicherungsĂĽbereignung und Konkursordnung, GZ 1918, 49; diesem in der Sache fol-
gend OGH 3 Ob 923/24 SZ 7/46; OGH 3 Ob 452/26 SZ 8/200 uva; aus der Lehre etwa Frotz, Aktuelle Probleme des
Kreditsicherungsrechts (1970) 106 ff; Apathy, Die SicherungsĂĽbereignung, in Apathy/Iro/Koziol (Hrsg), Ă–sterreichi-
sches Bankvertragsrecht IX (2012) 277 (278 f, Rz 4/3; 282 ff, Rz 4/7 ff) mwN. Zur Entwicklung in Rsp und Lehre W.
Faber, Entwicklungslinien und Entwicklungsperspektiven im Mobiliarsicherungsrecht (noch unveröffentlichte
Salzburger Habilitationsschrift 2014), III.B.1. (Bezugnahmen auf dieses Werk erfolgen anhand der Kapitelzählung;
diese sollte im Zuge der – in Vorbereitung befindlichen – Drucklegung im Wesentlichen beibehalten werden).
5 Grundlegend der Plenarbeschluss OGH Präs 547, 907/28 SZ 11/15; für Näheres und umfangreiche Nw siehe
Apathy, Die Sicherungszession, in Apathy/Iro/Koziol (Hrsg), Ă–sterreichisches Bankvertragsrecht IX (2012) 303 (318 ff,
Rz 5/16 ff).
6 Nachgewiesen im passenden Kontext unten in FN 21.
7 Konsequenterweise gilt das zur Publizität(-slosigkeit) des Eigentumsvorbehalts Gesagte entsprechend für Finan-
zierungsleasingkonstruktionen, deren Zweck letztendlich die Ăśbertragung des Eigentums am Leasinggegenstand
auf den Leasingnehmer ist. Vgl zur grundsätzlichen Gleichbehandlung etwa Fischer-Czermak, Mobilienleasing –
Rechtsnatur, Gewährleistung und Gefahrtragung (1995) 71 ff mit Synthese 162 f; ferner Duursma-Kepplinger, Eigen-
tumsvorbehalt und Mobilienleasing (2002) 236 ff (insb 247) mit insolvenzrechtlichen Bezügen. Die grundsätzliche
Diskussion, inwieweit sich der Verzicht auf Publizitätsanforderungen überhaupt rechtfertigen lässt, wird allerdings
primär zum Beispiel des Eigentumsvorbehalts geführt. Auch im Folgenden wird dieses Sicherungsinstrument im
Vordergrund stehen.
8 Näher Maaß, Die Geschichte des Eigentumsvorbehalts, x im 18. und 19. Jahrhundert (2000); Sandmann, Zur
Geschichte des Eigentumsvorbehalts in Deutschland (1972); Schiemann, Ăśber die Funktion des pactum reservati
dominii während der Rezeption des römischen Rechts in Italien und Mitteleuropa, ZRG (RA) 93 (1976), 161; Thie-
mann, Die Entwicklung der Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf in der neueren deutschen Privatrechts-
geschichte (1974) 29 ff; W. Berger, Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht – Besitzloses Pfandrecht und Ei-
gentum (1984) 8 ff, 46 ff; Ăśbersicht auch bei Ernst in Schmoeckel/RĂĽckert/Zimmermann (Hrsg), HKK-BGB III/1 (2013)
§ 449 Rn 1–9; Finkenauer in Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg), HKK-BGB I (2003) §§ 158–163 Rn 16 f; Brink-
mann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen (2011) 103 ff, 185 ff. Vgl ferner – auch zum
Folgenden – W. Faber, Mobiliarsicherungsrecht II.B.6.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal