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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 225
Sicherungsgut verwendet werde.52 Denn fĂĽr den Drittinteressenten macht es schon einmal keinen
grundlegenden Unterschied, ob sich „sein“ Konflikt mit dem Vorbehaltsrecht des Verkäufers zeit-
nah nach Übergabe oder erst später ergibt.53 Vor allem aber erfüllt auch der für den bloß „kurz-
fristigen“ Einsatz vereinbarte Eigentumsvorbehalt seinen Zweck wohl unstreitig gerade dann,
wenn der Käufer mit seiner Zahlung in Verzug gerät bzw Zahlungen allenfalls endgültig nicht
mehr leisten kann. Hier geht es funktional durchaus um die Sicherung einer Forderung, praktisch
gesehen oftmals auch über einen längeren Zeitraum. Wann, wenn nicht in solchen Situationen,
bedĂĽrften Dritte einer Warnung?
Somit verdient also auch der zuletzt diskutierte, in Fortentwicklung von Ăśberlegungen Brinkmanns
entwickelte (hypothetische) Ansatz, dem Eigentumsvorbehalt komme zumindest bei bloĂź kurzem
Zahlungsziel ohne Kreditierungsfunktion kein Sicherungscharakter zu, sodass hier im Gegensatz
zu „wirklichen“ Sicherungsrechten ein gänzlicher Verzicht auf Publizitätsanforderungen gerecht-
fertigt werden könne, keine Gefolgschaft. Dass es auf solche Gesichtspunkte nicht entscheidend
ankommen sollte, legt auch ein kurzer Blick auf das Pfandrecht nahe: Dieses erfĂĽllt auch dann,
wenn es fĂĽr eine unverzinsliche Forderung bestellt ist, ohne Frage eine Sicherungsfunktion54 und
bedarf nach dem Gesetz der Publizität; gleiches gilt, wenn Fahrnisgegenstände zur Sicherung
einer uU ausgesprochen kurzfristigen Überbrückungsfinanzierung verpfändet werden.55
D. Wertverfolgung
SchlieĂźlich wird ein relevantes Differenzierungskriterium darin erblickt, dass (beim einfachen Eigen-
tumsvorbehalt) das vorbehaltene Eigentum nur den Kaufpreis gerade der als Sicherungsgut fun-
gierenden Sache sichere, wohingegen beim Pfandrecht oder im Fall einer SicherungsĂĽbereignung
typischerweise kein solcher Zusammenhang zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsmit-
tel bestehe.56 Franz Bydlinski baut diesen Gedanken noch aus. Er sieht den Grund fĂĽr die siche-
rungsrechtliche (dh hier: die publizitätsbezogene) Privilegierung des Eigentumsvorbehalts letztlich
in dem von Wilburg vor allem für konkursrechtliche Zusammenhänge herausgearbeiteten Gedan-
ken der „Wertverfolgung“. Stammt ein Wert im Vermögen des Schuldners klar nachweislich aus
dem Vermögen eines bestimmten Gläubigers, so sei es sachgerecht, diesem für seine Forderung
an diesem Vermögenswert ein Vorrecht im Verhältnis zu anderen Gläubigern desselben Schuld-
ners zuzuerkennen.57 Wenngleich der Wertverfolgungsgedanke im geltenden Recht nur unvoll-
kommen verwirklicht und mit Abgrenzungsschwierigkeiten behaftet sei, so könne doch umso weni-
ger dagegen eingewendet werden, wenn die Parteien rechtsgeschäftlich eine Regelung träfen, die –
diesem Gedanken entsprechend – dem Verkäufer als demjenigen, von dem die Sache stammt, an
dieser ein dingliches Recht und damit ein Vorrecht fĂĽr seine Kaufpreisforderung verschaffe. Dies
52 So jedoch Brinkmann, Kreditsicherheiten 184 (und passim).
53 Hiergegen mag man noch einwenden, die erst vor Kurzem erfolgte Anschaffung unter Eigentumsvorbehalt
könne dem Dritten aus den Umständen irgendwie erkennbar sein.
54 Auf einen (entgeltlichen) „Kreditvertrag mit einer selbständigen Kalkulation“ abzustellen, wie Brinkmann,
Kreditsicherheiten 180, dies – für seine Zwecke (vgl oben bei FN 50) – zu Differenzierungszwecken tut, scheint
demnach jedenfalls im hier diskutierten Kontext, unterschiedliche Publizitätserfordernisse bei Pfandrecht und
Eigentumsvorbehalt erklärbar zu machen, nicht sachgerecht.
55 ZB im Wege der klassischen „Pfandleihe“. Auch die Kürze des vereinbarten Zahlungsziels für sich genommen
scheint als Differenzierungsgesichtspunkt demnach untauglich.
56 Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht IX 285 (Rz 4/10); Mayrhofer, Ă–JZ 1969, 197; F. Bydlinski in Klang2 IV/2,
463 f.
57 F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 464 f unter Rückgriff auf Wilburg, Gläubigerordnung und Wertverfolgung, JBl 1949, 29.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal