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ALJ 2/2015 Eigentumsvorbehalt und Publizität 232
G. Rechtspolitische Argumente gegen unterschiedliche
Publizitätsanforderungen bei Pfandrecht und Eigentumsvorbehalt
Hierfür sind zwecks einigermaßen vollständiger Wiedergabe der österreichischen Diskussion kurz
einige Aspekte aus dem jĂĽngeren Schrifttum nachzutragen, die in der obigen, der Relativierung
unbefriedigender dogmatischer Erklärungsansätze gewidmeten Erörterung nicht berührt worden
sind: Der publizitätslos mögliche Eigentumsvorbehalt hat in der neueren Literatur unter ökono-
mischen Gesichtspunkten auch rechtspolitische Kritik erfahren. Namentlich Harrer ortet als Konse-
quenz des geltenden Rechts eine Spaltung des Marktes und eine Diskriminierung der Geldkredit-
geber, denen bei Anschaffungsfinanzierungen nicht „das Privileg, mit einem publizitätslosen
Sicherungsinstrument, nämlich dem Eigentumsvorbehalt, zu arbeiten“, zukomme. Er regt die Schaf-
fung eines Mobiliarsicherheitenregisters an, in welches auch der Eigentumsvorbehalt einzubezie-
hen wäre. Aichinger, der zuletzt den Eigentumsvorbehalt in Österreich mit rechtsvergleichender
Perspektive umfassend untersucht hat, folgt in der Kritik und im eingeschlagenen Lösungsweg.84
III. Neujustierung durch Mobiliarsicherheitenregister?
A. Vorbemerkungen
Der zweite Hauptteil dieses Beitrags widmet sich der lex ferenda. Diese Perspektive ist komplex,
vor allem weil sich allfällige Reformbestrebungen tunlichst nicht auf den Eigentumsvorbehalt
beschränken, sondern das Mobiliarsicherungsrecht in seiner Gesamtheit in den Blick nehmen
sollten; ferner allein schon deswegen, weil die möglichen Regelungsalternativen in Grundkonzepten
wie in Einzelfragen äußerst vielfältig sind. Es wird im Rahmen dieses Abschnitts also verstärkt
notwendig sein, sich auf ausgewählte Schwerpunkte und auch dort eher auf Grundlagen zu be-
schränken. Auch müssen teils längere, deskriptiv gehaltene Einführungen in rechtstechnische
Grundkonzepte in Kauf genommen werden. Dieser Zugang erscheint in Summe allerdings legitim;
nicht zuletzt, da es eine nähere Diskussion für Österreich erst anzustoßen gilt.
Die im bisherigen Text zentrale Fragestellung wird auch im Hinblick auf mögliche künftige Rechts-
entwicklungen weiter verfolgt: Kann es gelingen, wirtschaftlichen BedĂĽrfnissen und Praktikabili-
tätszwängen einerseits und einem Bedürfnis nach dogmatischer Widerspruchsfreiheit anderer-
seits – hier bezogen auf Publizitätsfragen – gleichermaßen gerecht zu werden? Wenn oder soweit
völlige Gleichbehandlung in Publizitätsanforderungen nicht erreicht wird: Sind Abweichungen
rechtfertigbar?
Nicht weiter nachgegangen wird im Folgenden dem im österreichischen Schrifttum bisweilen
anklingenden Vorschlag, vorbehaltenes Eigentum in Anlehnung an § 452 ABGB durch Anbringung
von „Zeichen“ (etwa standardisierten Hinweistafeln) am Vorbehaltsgut publik zu machen.85 Als
allgemeine Lösung für alle Arten von Gütern und verschiedene, oft rasch durchlaufene Stationen
in Absatzketten erscheint dies kaum praktikabel. Auch im internationalen Vergleich erschiene ein
solcher Ansatz eher singulär.
Näher interessieren vielmehr Registerlösungen; also ein Publizitätsmittel, das dem österreichi-
schen Mobiliarsicherungsrecht derzeit fremd ist. In anderen europäischen Staaten sind Register-
84 Harrer, Sicherungsrechte 123 f; ähnlich Harrer, Modus der Besicherung, in Kühnelt (Hrsg), Basel II (2005) 113 (127 f);
ihm folgend Aichinger, ZfRV 2010, 275, 282 ff; ders, Eigentumsvorbehalt 208 f, 226 ff.
85 Erwogen bei Riedler in FS 200 Jahre ABGB 1390 f.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal