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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 237
Eigentum als bloßes Sicherungsrecht104; die von UNCITRAL unterbreiteten Vorschläge folgen dem
grundsätzlich zumindest in den praktischen Ergebnissen.105
Die aus Sicht des vorliegenden Beitrags wesentlichere – weil neben Prioritätsaspekten unter
anderem für Publizitätsfragen maßgebende – konzeptionelle Entscheidung besteht darin, dass
sämtliche Sicherheiten für Anschaffungsfinanzierungen zu einer einheitlichen Kategorie von – im
DCFR sog – acquisition finance devices zusammengefasst werden. Darunter fallen nach IX.–1:201(3)
DCFR insb die bereits erwähnten retention of ownership devices (und damit der klassische Eigen-
tumsvorbehalt), ein zur Sicherheit des Kaufpreises zurĂĽckgehaltenes security right und Sicherheiten
fĂĽr Geldkredite, die dem Erwerber zwecks Finanzierung des Anschaffungspreises zB von einer
Bank gewährt werden. Article 9 UCC und die UNCITRAL-Vorschläge sehen entsprechende Kon-
zepte mit leicht abweichender Terminologie vor.106 Auf die publizitätsbezogenen Regeln für diese
Kategorie von Sicherungsrechten wird zurĂĽckzukommen sein.
SchlieĂźlich besteht eine zentrale konzeptionelle Weichenstellung aller drei hier angesprochener
Regelungsmodelle im Unterschied zum österreichischen Recht und vielen anderen kontinental-
europäischen Rechtsordnungen darin, die Rechtswirkungen der Entstehung eines dinglichen
Sicherungsrechts nicht zu einem einheitlichen Zeitpunkt bei Erfüllung sämtlicher Entstehungsvo-
raussetzungen eintreten zu lassen (zB beim Pfandrecht idR mit der Übergabe an den Gläubiger,
beim Eigentumsvorbehalt mit Sachübergabe an den Käufer). Vielmehr löst der DCFR dieses
„sachenrechtliche Alles-oder-nichts-Prinzip“ in drei separate Regelungsaspekte auf, die jeweils an
eigenständige Voraussetzungen geknüpft sind und lediglich die ihnen jeweils zugeordneten
Rechtsfolgen auslösen: creation, effectiveness und priority.107 Im Kontext dieses Beitrags werden
vor allem die beiden erstgenannten Konzepte interessieren. Das im Folgenden AusgefĂĽhrte gilt fĂĽr
Anschaffungsfinanzierungssicherheiten grundsätzlich gleichermaßen wie für andere Sicherungs-
rechte; auf Ausnahmen wird hingewiesen.
Die creation (geregelt in Kapitel 2 von Buch IX DCFR) bewirkt die Entstehung des Sicherungsrechts
als dingliches Recht. Damit verbunden sind – jedenfalls nach dem Konzept des DCFR – neben
dem Verwertungsrecht insb auch Wirkungen gegenĂĽber bestimmten Dritten, soweit Drittwirkungen
nicht dem Konzept der in Buch IX Kapitel 3 geregelten effectiveness vorbehalten sind. Im Ergebnis
wirken Sicherungsrechte nach dem Modell des DCFR ab creation gegenĂĽber einem nachfolgenden
Erwerber des Eigentumsrechts oder eines weiteren Sicherungsrechts an der belasteten Sache;
diese können dem gesicherten Gläubiger nur noch unter den Voraussetzungen eines gutgläubigen
Erwerbs vorgehen.108 Die creation setzt insb keine Publizierung voraus. Im Wesentlichen genĂĽgen
104 Vgl § 9–109(a)(1) und § 9–110 iVm § 2–401(1) UCC, ferner die Definition in § 1–201(35) UCC; zum Konzept Brink-
mann, Kreditsicherheiten 416 ff. Bestimmungen des UCC werden hier in folgenden, gegenwärtig maßgeblichen
Fassungen zitiert: Article 1 (2001), Article 2 (2002), Article 9 (2010).
105 Der UNCITRAL Legislative Guide (57 f bzw 336 ff und Recommendations 9 bzw 178 ff, abgedruckt 63 bzw 374 ff)
sieht zur Umsetzung dieses Ziels regelungstechnische Alternativen vor; das Draft UNCITRAL Model Law definiert
in Article 2(b) jedes acquisition security right von vornherein als (einheitliches) security right.
106 Purchase money security interest (§ 9–103 UCC); acquisition security right (Article 2(b) Draft UNCITRAL Model Law).
107 Illustrative Analyse bei Macdonald, ZEuP 2009, 769; vgl daneben W. Faber, JBl 2012, 348; Comment B zu IX.–2:101,
DCFR Full Edition 5409 f = PEL Prop. Sec. 276. Die Terminologie im Draft UNCITRAL Model Law entspricht jener
des DCFR; in Article 9 UCC steht attachment fĂĽr creation und perfection fĂĽr effectiveness. Im Text wird in der Folge
aus GrĂĽnden der Ăśbersichtlichkeit die Diktion des DCFR gebraucht.
108 Vgl Comment B zu IX.–2:101, DCFR Full Edition 5409 f = PEL Prop. Sec. 276; W. Faber, JBl 2012, 349. Hierzu und
näher zu den Voraussetzungen der creation auch Ch. Wilhelm, Geld- und Warenkreditsicherheiten 42 ff.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal