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ALJ 2/2017 Stefan Storr 86
Die Universitäten, Forschungsorganisationen und wissenschaftliche Institutionen sind die zentra-
len SchlĂĽsselstellen dieser neuen Gesellschaft: Sie tragen das theoretische Wissen zusammen
und werten es aus. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind die SchlĂĽssel der Wissens-
gesellschaft.
B. Die wissensbasierte Wirtschaft – die Lissabon-Strategie 2000
Die Wissensgesellschaft ist Realität: Der Europäische Rat hat in der Lissabon-Strategie 20003 die
Herausforderungen einer neuen wissensbasierten Wirtschaft erkannt und den Aufbau von Wissens-
infrastrukturen als „klares strategisches Ziel“ definiert. Es sollte ein europäischer Forschungsraum
geschaffen werden. Mit einem „äußerst leistungsfähige[n] transeuropäischen Hochgeschwindigkeits-
netz für elektronische wissenschaftliche Mitteilungen“ sollten Forschungseinrichtungen und Universi-
täten sowie wissenschaftliche Bibliotheken, wissenschaftliche Zentren und, schrittweise, auch Schu-
len miteinander verbunden werden. AuĂźerdem sollten sich Europas Bildungs- und Ausbildungs-
systeme auf den Bedarf der Wissensgesellschaft einstellen und es sollte einen breiteren Zugang
zum Wissen geben. Die Europäische Union sollte die wettbewerbsfähigste und dynamischste
Wissensgesellschaft der Welt werden.
C. Die Digitalisierung als das technische RĂĽckgrat der Wissensgesellschaft
Die Digitalisierung ist das technische RĂĽckgrat der Wissensgesellschaft. Die Digitalisierung von
Daten und die moderne Kommunikationsinfrastruktur ermöglichen die Bereitstellung, die Suche,
den sehr schnellen Transport und die Verarbeitung einer groĂźen Masse an Daten.
Sie erlaubt die Speicherung von groĂźen Datenmengen auch auf anderen Computern (Cloudcom-
puting), sogar die Nutzung fremder Computer.4 Sie ermöglicht den Umgang mit Masseninforma-
tionen und ist die technische Grundlage fĂĽr die Einbeziehung einer Vielzahl von Akteuren. Erst
durch die Digitalisierung können leistungsfähige Forschernetzwerke entstehen, länderübergrei-
fend, gar global zusammenarbeiten, Daten gewinnen und austauschen.
Die Digitalisierung ist die technische Voraussetzung, um Informationen als Steuerungsmittel
intensiv einsetzen zu können. In der Tat übt der moderne Staat seine Hoheitsgewalt nicht mehr
nur durch Regeln, Zwang und ökonomische Kompetenz aus, sondern auch durch Informationen,
die er zunächst sammelt, auswertet und dann durch Aufklärung, Warnung und Empfehlung ver-
öffentlicht, wodurch er Steuerungsergebnisse erzielt, die er durch Gebote und Verbote nicht
erzielen wĂĽrde.5
Es gibt noch viele weitere Phänomene. Fest steht: Die Digitalisierung und gesellschaftliche, wirt-
schaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen aufgrund der Digitalisierung ändern unser Um-
feld und uns in vielerlei Hinsicht. Was den digitalisierten Forscher selbst betrifft, ist seine Welt
nicht nur die der Wissenschaft, auch andere Lebenssphären sind durch Digitalisierung im Wandel
3 Europäischer Rat, 23. und 24. 3. 2000 in Lissabon – Schlussfolgerungen des Vorsitzes.
4 Ein berĂĽhmtes Beispiel ist die Nutzung von privaten Computern im Rahmen des SETI@Home-Projekts (Berkley)
zur Suche nach Radiosignalen von AuĂźerirdischen. Ferner: Folding@home-Projekt (Stanford) zur Berechnung der
Proteinfaltung oder das Cancer Research Project (Oxford) zur Untersuchung von Proteinen, die im Verdacht ste-
hen, Auslöser für Krebs zu sein.
5 Pöschl, Sicherung grund- und menschenrechtlicher Standards gegenüber neuen Gefährdungen durch private
und ausländische Akteure, VVDStRL 74 (2015) 405 (420).
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Austrian Law Journal
Volume 2/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 108
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal