Page - 140 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2017
Image of the Page - 140 -
Text of the Page - 140 -
ISSN: 2409-6911
(CC-BY) 3.0 license
DOI: 10.25364/1.4:2017.2.10
www.austrian-law-journal.at
Fundstelle: Eisenberger, Digitalisierung und Selbstbestimmung, ALJ 2/2017, 140–149 (http://alj.uni-graz.at/
index.php/alj/ article/view/112).
Digitalisierung und Selbstbestimmung
Iris Eisenberger,* Universität für Bodenkultur Wien
Kurztext: Der Beitrag beleuchtet das Verhältnis von Digitalisierung und Recht. Am Beispiel der
Blockchain-Technologie wird aufgezeigt, wie neue Formen und Räume der Selbstbestimmung
geschaffen werden können. In distribuierten Systemen ist die Tendenz erkennbar, dass sich die
rechtliche hin zu einer technologischen Steuerung verlagert. Wenn Funktionen, die für gewöhn-
lich der demokratisch legitimierte Gesetzgeber wahrnimmt, auf andere Systeme übergehen,
führt dies zu Herausforderungen für rechtsstaatliche Demokratien. Fundamentale Fragen von
Kontrolle und Machtbeschränkung iZm Digitalisierung stehen im Fokus. Der Beitrag plädiert
schließlich für „legal foresight“-Forschung im Bereich neuer Technologien.
Schlagworte: Blockchain-Technologie; distribuierte Systeme; dezentralisierte Systeme; zentrali-
sierte Systeme; natürliche Person; juristische Person; elektronische Person; Verantwortung und
Zurechnung; Demokratie.
I. Einleitung1
Seit Jahrzehnten ist in den Rechtswissenschaften davon die Rede, dass durch Digitalisierung
Selbstbestimmung verloren gehe.2 Die Antithese, nämlich dass Digitalisierung neue Formen und
Räume der Selbstbestimmung eröffnet, ließe sich ebenso begründet aufstellen. Die Frage, wie
selbst- oder fremdbestimmt wir sind, adressiert das Kernproblem der Digitalisierung mE jedoch
nicht. Digitalisierung führt dazu, dass Funktionen, die in rechtsstaatlichen Demokratien für ge-
wöhnlich der demokratisch legitimierte Gesetzgeber und das Recht übernehmen,3 zunehmend
* Univ.-Prof. Dr. Iris Eisenberger, MSc (LSE) ist Universitätsprofessorin und Leiterin des Instituts für Rechtswissen-
schaften der Universität für Bodenkultur Wien.
1 Für zahlreiche wertvolle Diskussionen danke ich Tina Ehrke-Rabel, Elisabeth Hödl und Konrad Lachmayer. Für die
Unterstützung bei der Recherche und Ergänzung des Fußnotenapparats danke ich Franziska Bereuter, Sophie
Schmidt und Lisa Schranz.
2 Siehe Helbing et al, Digitale Demokratie statt Datendiktatur, in Könneker (Hrsg), Unsere digitale Zukunft (2017) 3;
Spiecker, Steuerung im Datenschutzrecht – Ein Recht auf Vergessen wider Vollzugsdefizite und Typisierung?
Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaften 2014, 28; Thiesse, Die Wahrneh-
mung von RFID als Risiko für die informationelle Selbstbestimmung, in Fleisch/Mattern (Hrsg), Das Internet der
Dinge (2005) 363.
3 Vgl I. Eisenberger, Zwischen Rechtswissenschaften und Life Sciences (in Druck); Zur Konfliktkanalisierungsfunk-
tion des Rechts im Bereich von Risikotechnologien siehe Stelzer, Sicherheit durch Recht oder Rechtssicherheit?
FORUM 1993, 56; Zur Steuerungsfunktion des Rechts siehe Mayntz, Soziale Dynamik und politische Steuerung:
Theoretische und methodische Überlegungen (1997); Zur Funktion des Rechts als Ordnungs- und Friedenstif-
ter siehe nur Kelsen, Reine Rechtslehre2 (1960) 38 f.
back to the
book Austrian Law Journal, Volume 2/2017"
Austrian Law Journal
Volume 2/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 108
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal