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ALJ 2021 Kepplinger 172
Probleme tatsächlich auftreten würden: Da der Vertragsschluss den Zustand nicht
beseitigt, weist
159 Davon abgesehen, entspräche das ersatzfähige
negative Vertragsinteresse jedoch weitgehend dem Vertrauensschaden iS von § 122 BGB.160
Die Redintegration würde also sofern sie vom Gesetzgeber normiert worden wäre eher
nicht am praktischen Problem scheitern, dass sich der Vertrauensschaden nicht hinreichend
klar bestimmen lässt. Das vom deutschen Gesetzgeber gewählte Modell scheint zu
funktionieren.
Dessen ungeachtet mutet das Kriterium deshalb merkwürdig an, weil es die Verteilung der
Darlegungs- und Beweislast betreffend zu einer im
Erkenntnisverfahren führen dürfte. Es eröffnet dem Anfechtungsgegner im
verlässlich feststellen. Praktisch gedacht würde der Anfechtungsgegner dazu verleitet, einen
möglichst komplexen Vertrauensschaden vorzubringen,161 den er unter Beweis
stellen könne, sodass sein negatives Vertragsinteresse nicht sicher feststellbar sei. Wie sollen
Gerichte die Richtigkeit eines solchen Vorbringens überprüfen? Das Kriterium der
Feststellbarkeit des negativen Vertragsinteresses des Anfechtungsgegners würde trotz
Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht der Parteien (§ 178 Abs 1 ZPO) und diskretionärer
Gewalt des Richters (§ 183 Abs 1 ZPO162) wohl zu erheblichen praktischen Problemen
führen.
B. Zur irrtumsbedingten Äquivalenzstörung
1. Abgrenzungsprobleme
Die zweite Voraussetzung einer Redintegration nach Lehre hat bereits
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hinweist. Mangels gesetzlicher Anhaltspunkte könnte auch dieses Kriterium zu
Rechtsunsicherheit führen. Allerdings wurzeln die Probleme tiefer.
159 in FS H. Stoll 135. Demgegenüber sind nach § 122 BGB Aufwendungen anlässlich des Vertragsschlusses
ersatzfähig (s für die ganz hA nur in Säcker/Rixecker et al, Münchener Kommentar zum BGB I8 [2018] § 122
Rz 17; in J. von Staudingers [Begr], Kommentar zum BGB, Allgemeiner Teil I [2017] § 122 Rz 13).
160 Näher zum Umfang des in § 122 BGB normierten Ersatzanspruchs in MüKomm, BGB I8 § 122 Rz 17-19;
in , BGB (2017) § 122 Rz 13-16.
161 Als Schadenspositionen kommen zB in Betracht: Schadenersatzansprüche, denen der Anfechtungsgegner selbst ausgesetzt
ist, weil er infolge der Irrtumsanfechtung seine eigenen Vertragspflichten im Verhältnis zu einem Dritten nicht erfüllen kann;
der Nachteil, der daraus resultiert, dass er es im Vertrauen auf die Gültigkeit des Geschäfts unterlassen hat, ein anderes
Geschäft abzuschließen; die Mehrkosten eines erforderlichen Deckungsgeschäfts; usw.
162 Näher zu beiden Aspekten bspw in Fasching/Konecny, ZPO II/3³ (2015) § 183 Rz 1 f; , Grundriss
des österr Zivilprozessrechts9 (2017) Rz 404.
163 Irrtumsanfechtung 129.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2021
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2021
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 48
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal