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26 ImNamenderEmanzipation
zumAusgangspunkt fürGegenstrategienerklärt.ChrisAllen (2010)hatdiese
Kritik später aufgegriffenundweiter ausgeführt.Er argumentiert, dass die
›open‹und›closedviews‹imRunnymede-ModellunterderHandmitdemGe-
gensatz von ›positiven‹und ›negativen‹Repräsentationen ›des Islam‹gleich-
gesetztwerden.Daraus ergibt sich der logische Zusammenhang: Geschlos-
sene Sichtweise des Islam= falsche Sichtweise des Islam=negative Reprä-
sentationdes Islam=(Grundlage für) Islamophobie.Undumgekehrt:Offene
Sichtweisedes Islam=korrekteSichtweisedes Islam=positiveRepräsenta-
tion des Islam = (Grundlage für) Nicht-Islamophobie. Damit sindmehrere
Problemeverbunden.Wir können sie als ontologischen, epistemologischen,
methodischen und politischen Fehlschluss der Runnymede-Konzeption be-
zeichnen.Der ontologische Fehlschluss beruht auf der unausgesprochenen
Annahme, dass es einWesen des Islam gäbe, das anhand einer Reihe von
Eigenschaftenbestimmbarwäre.Damit verbunden ist die epistemologische
Position,diesepositiveEssenzdes Islamwäre sowohl eindeutigerkenn-,als
auchwahrhaftigdarstellbar.DermethodologischeFehler liegt imSprungvon
›offenenSichtweisen‹zu›positivenRepräsentationen‹,alsoderunausgespro-
chenen Annahme, eine ›korrekte‹, dieWahrheit über den Islam abbilden-
de Darstellung würde diesen zwingend in ein positives Licht rücken. Und
schließlich erlaubt diesesModell, politischenWiderstandgegen Islamopho-
bie nur ausgehend von einer Verteidigung dieser ›positiven‹ Eigenschaften
›des Islam‹zudenken.AufdienegativeDarstellung ›der Islamist intolerant‹
entgegnet die Logik desRunnymede-Modells: ›Nein, der Islam ist tolerant‹.
Damit spiegelt die Kritik aber bloß die binäre Logik islamophoberDiskur-
se. Anti-islamische AkteurInnen werden Beispiele für ›intolerante‹ Praxen,
die imNamendes Islambegangenwerden,vorbringen,worauf ihreKontra-
hentInnennurreagierenkönnen, indemsiediesePraktiken leugnenoderals
nicht ›wirklich‹ islamischcharakterisieren.DieAuseinandersetzungverläuft
somit imRegisterderAuthentizität:DerKampfgegenDiskriminierungwird
zumStreitumdenwahrenCharakterdesIslam.NachAllenreproduziertdie-
se Islamophobie-Konzeption eben jenenEssentialismus–dieZuschreibung
wesenhafterundunwandelbarerEigenschaftenzuhomogenisiertensozialen
Gruppen–dergerade für islamophobeDiskursecharakteristisch ist:
»Inasomewhat inverseeffect fromtheprocessesof ›closedviews‹andofIs-
lamophobiaperse,whilstIslamophobiaispurportedtohavetheeffectofat-
tributingallMuslimswithsuchviewsasbarbarism,misogynyandirrational
behaviour, sotheessentialisedattributeshomogeniseallMuslimswithop-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik