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Studies,denAspektder Identitätszuschreibungangemessenzuberücksich-
tigen. Vereinfacht gesagt geht es darum, zu klären, wer eigentlich genau
von antimuslimischem Rassismus betroffen ist. Die logische Antwort –
MuslimInnen – ist so naheliegend wie falsch. Denn zum einen sind nicht
alle MuslimInnen gleichermaĂźen von Abwertung, Diskriminierung und
Gewalt betroffen, sondern jene in besonderem AusmaĂź, die als eindeutig
›muslimisch‹wahrgenommenwerden–vorallemdurchvisuelleZeichenwie
Kopftücher, langeBärteoderTurbane.ZumanderenkönnenauchMenschen,
die sich selbst nicht alsmuslimisch verstehen,Betroffene von antimuslimi-
schemRassismus sein. So etwaMenschen,die als ›arabisch‹ oder ›türkisch‹
gelesen werden, aber nicht dem islamischen Glauben angehören (Attia
2017).AuchdasBeispielTurban tragenderSikhswird inderLiteraturhäufig
erwähnt. JasbirPuar (2007: 166-203)undDavidTyrer (2013: 48-59) argumen-
tieren, dass es sich dabei nicht einfach um individuelle IrrtĂĽmer handelt.
Das Phänomen der »mistaken identity Islamophobia« (Tyrer/Sayyid 2012:
357) verweise vielmehr auf die umfassende Logik eines antimuslimischen
Rassismus, der die Figur des ›gefährlichen Muslims‹ entlang bestimmter,
notwendig vage gehaltener visueller Codes produziere (Thobani 2012). Auch
der Fall des brasilianischen Touristen JeanCharles deMenezes, der im Juli
2005 von der LondonerMetropolitan Police erschossen wurde, weil er fĂĽr
einen islamistischenAttentätergehaltenwurde,kannalsTeildiesesProblem
gelesen werden (Pugliese 2006; Vaughan-Williams 2007): Wer wird wann,
wie undwarumalsmuslimisch identifiziert?Was gilt als islamisch,wer als
muslimisch?WennMuslimInnenalsdistinkte,empirischauffindbareGruppe
angenommenwerden,werdendieseFragensystematischausgeschlossen.
3.2Â Â Â Islamophobieals Ideologie
EinzweiterprominenterVersuch,Islamophobiealseigenständiges,vonRas-
sismusabzugrenzendesPhänomenzukonzipierenliegtmitChrisAllens2010
veröffentlichtemBuch »Islamophobia« vor. Es ist diewohl ambitionierteste
theoretische Ausarbeitung des Begriffs. Allenwar 2001 fĂĽhrend an der ers-
tenEUMC-Studiebeteiligt (sieheKapitel 2).SeinBuchkannals theoretisch-
konzeptionelleReflexionderdort vorgenommenenUntersuchung sowieder
eingestandenen begrifflichen und konzeptionellen Schwächen gelesenwer-
den. Allens erklärtes Ziel ist, Islamophobie als sozialwissenschaftlich nutz-
barenBegriff auf derHöhe des existierenden Forschungsstandes zu entwi-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Ă–sterreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik