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90 ImNamenderEmanzipation
»gesellschaftlicheBeziehungenzwischenMenschendurchdieBedeutungs-
konstruktionbiologischerMerkmaledergestaltstrukturiertwerden,dasssie
differenzierte gesellschaftlicheGruppen definieren und konstruieren. Die
als Bedeutungsträger ausgewähltenMerkmale haben eine geschichtliche
Variationsbreite; für gewöhnlich sind es sichtbare somatische Eigenschaf-
ten, aber auch unsichtbare (fiktive und reale) biologische Eigenschaften
sindzuBedeutungsträgerngeworden«(Miles1992:101).
Diese Definition kommt, anders als jene von Omi undWinant, ohne den
Begriff der ›Rasse‹ aus. Sie lässt offen, ob die so konstruiertenGruppen als
unterschiedlicheMenschenrassenbezeichnetwerdenoderobdieDifferenz-
konstruktion entlang anderer Identitätskategorien vollzogenwird. Aus die-
semGrund ist auchdie inderdeutschenAusgabedesBuchesvorgenomme-
neÜbersetzungvon»racialization« (Miles 1989: 73) als »Rassenkonstruktion«
(Miles 1992:99)unpassend. (Siewurdeauch inder jĂĽngstenAuflagevon2014
nicht korrigiert.) Insofern scheint dieserRassifizierungs-Begriff eher geeig-
net zusein,umKonstruktionsprozessezuanalysieren,dieohneVerweisauf
die Kategorie ›Rasse‹/›race‹ auskommen,wie es im antimuslimischen Ras-
sismusebenmeistderFall ist.AllerdingsbleibtdasProblem,dassMilesden
ProzessderRassifizierungexplizitanbiologischenEigenschaftenfestmacht.Er
selbst fasstdenBegriffderRassifizierungzusammenals »dialektischenPro-
zess,mittels dessenbestimmten biologischenMerkmalen vonMenscheneine
BedeutungzugeschriebenwirdunddessenErgebnisdarinbesteht,dass In-
dividueneiner allgemeinenKategorie vonPersonenzugeordnetwerden,die
sich biologisch reproduzieren« (Miles 1992: 102;Herv. B.O.).Wenn diese Be-
stimmungandie inKapitel 2 vorgestelltenAusprägungenantimuslimischer
Phänomeneherangetragenwird,könntenureinBruchteil vonihnenalsRas-
sifizierungsprozesse–unddamitalsantimuslimischerRassismus–identifi-
ziert undanalysiertwerden.Das sieht offenbar auchRobertMiles selbst so.
Ineiner2003gemeinsammitMalcolmBrownveröffentlichtenüberarbeiteten
underweitertenNeuauflage seinesBuches »Racism«widmensichdieAuto-
ren auchderDebatte um»Islamophobia«. Sie kommendabei zumSchluss,
dass es sichdabeiumeinPhänomenhandle,das zwarmitRassismus inter-
agiere,selbstaberkeineFormdesRassismusdarstelle.DerGrunddafĂĽr liegt
inderĂĽblicherweisefehlendenbiologischenBegrĂĽndungderVeranderungvon
MuslimInnen:»[L]ikeotherreligiousOthers,theallegeddistinctivenessofthe
Muslim is not usually regarded as biological or somatic, so Islamophobia is
not toberegardedasan instanceof racism.« (Miles/Brown2003: 164)
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Ă–sterreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik