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4 GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 107
undvonwemdasAngebotder rassistischenVergemeinschaftungangenom-
menwird–undwann,warumundvonwemes, gemeinsammit der damit
verbundenen»amorphenIdentität«,abgelehnt,verworfenodergarbekämpft
wird.WieManuelaBojadžijevineinemanderenZusammenhangtreffendfor-
muliert: »Obund inwiefernRassismusderHerrschaftssicherungdient,wäre
demnacherstzuzeigen« (Balibar 1992b;vgl.Bojadžijev2008:64;Müller 1995:
90). ZweitensmussHunds Formulierung hinterfragt werden, dass die ras-
sistischeGemeinschaft»illusorisch«seiund»unabhängig«von»realerVerfü-
gungübersozialeundkulturelleRessourcen« funktioniere (Hund2007: 126).
Hier scheint mit der notwendigen Zurückweisung privilegientheoretischer
Ansätze eine grundlegendeErkenntnis des relationalenRassismusverständ-
nissesmitentsorgtzuwerden:DassnämlichRassismusalsgesellschaftliches
Verhältnis ein »Zugehörigkeitsmanagement«umfasst, überdas »zentral der
Zugangzuökonomischen[sic!], sozialemundkulturellemKapital inderGe-
sellschaftgeregelt [wird]« (Rommelspacher2009b: 31).WenndasderFall ist,
hatdierassistischeGemeinschafteinematerielleundkeineswegsnurillusori-
scheDimension,damitderAnnahmeeineralsüberlegenmarkiertenIdenti-
tätaucheinrelativprivilegierterZugangzusozialenundkulturellenRessour-
cenverbundenist.EingrundsätzlichesProblemistschließlichdieweitgehend
fehlendegesellschaftstheoretischeEinbettungderHund’schenUntersuchun-
gen. Zwischen der weitreichendenThese der negativen Vergesellschaftung,
diefüreinhistorischundräumlichenormausgedehntesFeldGültigkeitbean-
sprucht,undderdetailreichvorgenommenen,historisch-konkretenDarstel-
lungrassistischerPraxen,klaffteineLücke.HundbietetwenigAnhaltspunkte
für eineBinnendifferenzierung,die zwischendemAllgemeinender rassisti-
schenVergesellschaftunginallenKlassengesellschaftenunddenbesonderen,
inFormwieInhaltvielfältigenrassistischenDiskriminierungspraxenvermit-
telt.DiefehlendeGesellschaftstheorieführtauchzuUnklarheitenimKonzept
der negativen Vergesellschaftung selbst. Den Begriff leitet Hund von einer
BemerkungMaxWebersher (Hund2007: 32),der indem1922posthumver-
öffentlichten »Wirtschaft undGesellschaft« der »EthnischenGemeinschaft«
ein Kapitel widmet.Weber beschreibt darin die Entstehung von »Gemein-
schaftshandeln«, das sich »rein negativ« bestimmt, »als Absonderung und
VerachtungoderumgekehrtabergläubischeScheugegenüberdeninauffälli-
gerWeiseAndersgearteten«(Weber1972[1922]:216).Dieethnischeoderrassi-
scheGemeinschaft stifte eine»spezifischeMassenehre«,die »jedem,derder
subjektiv geglaubten Abstammungsgemeinschaft angehört, zugänglich ist«
(ebd.).Sowiedie individuelleStandesehredemEinzelnendieȆberzeugung
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik