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ketten«oder »CareChains« (vgl.Hochschild2000; Lutz/Palenga-Möllenbeck
2011), die ›einheimische‹ Frauen auchohne geschlechtergerechteArbeitstei-
lung und ohne ausreichenden Ausbau öffentlicher Care-Infrastruktur von
Sorgetätigkeiten freispielenunddadurchdiezunehmendePartizipationvon
FrauenamLohnarbeitsmarktermöglichen.DieAusübungdieser feminisier-
ten undmigrantisierten Tätigkeiten wird, so Farris, nicht als Konkurrenz
abgewehrt, sondern als nützlichundnotwendigunter gegebenenökonomi-
schen Bedingungen und demographischen Entwicklungen angenommen.
Aus dieser Differenz ließe sich die Übernahme feministischer Rhetorik
in das Repertoire rechter und nationalistischer Parteien im Kontext der
›muslimischenFrage‹ erklären:
»Die›nützliche‹Rolle,diedieArbeitvonMigrantinnenbeiderheutigenUm-
strukturierungderWohlfahrtsregimeundderFeminisierungvonSchlüssel-
sektorenderDienstleistungsgesellschaft spielt, ist inhohemMaßefüreine
gewisseNachsichtneoliberalerRegierungenundnationalistischerParteien
gegenüberMigrantinnenimUnterschiedzudenMigrantenverantwortlich.«
(Farris2011:330)
Farris liestdie»MobilisierungdesBegriffsGenderundeinerVorstellungvon
FrauenemanzipationdurchnationalistischeundfremdenfeindlicheParteien«
(Farris 2011: 321) als »Nachsicht« gegenüberweiblichenMigrantinnen, ja so-
garalsAusdruckdesaufrichtigenInteressesanderVerbesserungihrergesell-
schaftlichenPosition. InsbesonderemuslimischeFrauengälten »femonatio-
nalistischen«politischenKräften»alssinnvollerErsatzeinheimischerFrauen
imReproduktionsbereich, aber auch als potentielle Ehefrauen europäischer
Männer«(Farris2011:330).DerPreis,derdenFrauendafürabverlangtwerde,
sei dieAnpassungan ›westlicheWerte‹,die Frauenals zugleich emanzipiert
undkommodifiziertkonstruieren.Befreit vomJochdesorientalischenPatri-
archats–verkörpert vonbesitzergreifendenVätern,eifersüchtigenMännern
unddieFamilienehreverteidigendenBrüdern–könnederweiblichemigran-
tischeKörper indiepolitischeÖkonomiedesneoliberalenKapitalismusein-
gepasstwerden.VoraussetzungundzugleichsichtbaresZeichendafür istdie
Entschleierung:
»Damit Weiblichkeit ihrer Funktion im Kapitalismus entsprechend wir-
ken kann, muss der weibliche Körper entblößt werden, um ›demMarkt-
Paradigmaentsprechend‹[…]zuzirkulieren.DasmuslimischeMädchenhat
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik