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Korn auf: ein exzentrischer, übersprudelnd temperamentvoller »junger
Mann mit Künstlermähne, das Monokel wie eingewachsen«, der den
steinreichen Amerikaner Ralph O’Flanagan ins Schlepptau nimmt, um
ihn in die »besseren« Wiener Kreise einzuführen und durch sämtliche
»Szene«-Etablissements zu schleifen.19 Vier Jahre darauf knausert wie-
derum Ludwig Hirschfeld mit Namen, wenn er in seinem Wien-Reise-
führer »die Wiener Literatur« vorstellt, die nun im Café Herrenhof
residiert. »Leo Perutz, der prachtvolle Erzähler, Anton Kuh, der groteske
Improvisator, und der produktive Walter Angel« werden indes nicht
nur genannt, sondern auf der gegenüberliegenden Seite auch von Leo-
pold Gedö ins Bild gerückt.20 Und wieder zwei Jahre darauf zählt Kuh
gar zum »Personal der Welt«21: Wenn Egon Erwin Kisch, der Viel-
gereiste, die Phantasielosigkeit der Schöpfung beklagt, die jede Welt-
gegend mit dem jeweils gleichen Inventar ausstatte, und er das, aus New
York City rapportierend, an Harlem illustriert, weil ihm dort auf
Schritt und Tritt lauter Bekannte – alle in Schwarz – begegnen, darf
neben einem Erich Ludendorff, einem Emanuel Lasker und einem
Alexander Granach auch ein Anton Kuh nicht fehlen.22
1921 – 1922
Am Sonntag, 20. November 1921, spricht Kuh, wie schon fünf Wochen
zuvor in Prag, im bis auf den letzten Platz gefüllten Festsaal des In-
genieur- und Architektenvereins – »Ausverkauft, keine Abendkasse«,23
vermerken die Veranstaltungshinweise – über »Die Erotik des Bür-
gers«, verkürzt und freudianisch gesprochen: über das »Unbehagen in
der Kultur« oder, wie’s der anonyme Rezensent der »Wiener Sonn-
und Montags-Zeitung« formuliert, über die »fundamentale Erkenntnis,
daß die Freudlosigkeit des Daseins, die Erstarrung des öffentlichen Le-
bens ihre Wurzeln in der Verkümmerung des sexuellen Triebes haben«.
Oder, so Paul Kurmann, über den Bürger als »Deserteur sei-
ner Erotik«, den Spießbürger und seine Erotik, die darin be-
stehe, »daß sie sich nur verlegen und verschämt äußert und zu
ihrer Betätigung angeblich seriöse Anlässe sucht, wie eben den
Vortrag des Herrn Anton Kuh«.24 Oder, so der »Morgen«,
über das »weitverbreitete, von Wissenschaftlern und Laien
gleicherweise unterschätzte Übel der Geschlechtsverlogen-
heit und -unaufrichtigkeit«.25 Kuhs Publikum bedenkt »sein
außerordentliches Darstellungstalent, die Rednergabe, mit welcher er
den abstraktesten Gedankengang zu durchleuchten vermag, wie die Fä-
higkeit, durch anschauliche Bilder, aphoristische Sätze und blendende
Wien,
Österreichischer
Ingenieur- und
Architektenverein,
Großer Saal,
20.11.1921,
19 Uhr:
Die Erotik des
Bürgers
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Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Anton Kuh
- Subtitle
- Biographie
- Author
- Walter Schübler
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Size
- 13.8 x 22.2 cm
- Pages
- 576
- Category
- Biographien