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							18 JüdinnenundJuden,MobilitätundSex
being in-between,LokationundDislokationvonKultur/enwidergespiegeltund
verhandeltwerden.8AlsMetapherdienteReisenaberauchdazu,umvonder
ZensurverbotenesowiekontroverseInhalte inweitentlegenenundfremden
Gegendendiskutierenzukönnen.9
DieneueQualitätanMobilitätprägtedieSzenepopulärerKultur,als sichdie
sogenannteMassenkulturzuentwickelnbegann:Gassenhauer,Groschenroma-
ne,unzähligeVarietésundandereSpielstätten, indenenmansichbeiSpeisen
undGetränkenamüsierte, erblühten.DieMassenkulturbrachteverschiedenste
FormenpopulärerUnterhaltunghervorundurbaneVergnügungsstättenver-
breitetensichrasant.Daswarüberhaupterstmöglich,daeinegroßeMehrheit
derBevölkerungerstmalsZeit–„Freizeit“–hatte,dasgrenzenloseVergnügen
inSingspielhalle,EtablissementundVarietégenießenunddurchFreizeitparks
wiedenPrater,dasBudapesterVárosliget (Stadtwäldchen)oderdenVergnü-
gungsgarten imNewYorkerWashingtonSquarePark spazierenkonnte.10
FürdenUntersuchungszeitraumvon1890bisindieZwischenkriegszeiteinen
passendenZugangzupopulärerKulturzufinden, ist schwierig.DerKultur-
anthropologeKasparMaasebeschreibtdenZeitraumalseinenUmbruch in
derPopulärkultur.UmdieJahrhundertwendewarendieStraßenWien,Buda-
pestundNewYorksgefülltmitStänden,andenenPassant*innenRomanefür
wenigeHellerbeziehungsweisePennys, sogenannte„Schundliteratur“,kaufen
konnten.BaldfandensichRubrikenmitromanhaftenErzählungeninTageszei-
tungen.Unterhaltungsstätteneröffnetenüberall.Vieleswar leichterzugänglich;
der„Schwank“,die„Schundliteratur“und„Gassenhauer“,diedieBevölkerung
unterhielten.11MaasesFeststellunggreiftAufdieTourauf. Ihr fügtAufdieTour
eineweiterewesentlicheVeränderunghinzuundkonstatierteineSchwelle in
derPopulärkulturhinsichtlichdesbesonderenEinflussesvonMobilitätund
Migration.
InAnlehnunganeineDefinitiondes ‚Populären‘vomHistorikerLawrence
LevinesollunterPopulärkulturdasverstandenwerden,wasvieleMenschen
erreichenkonnteundfürvielezugänglichwar,umgekehrtabernichtnurzu-
8 SiehehierzuimBesonderenAnsätzeausdenpostcolonialstudies.HomiK.Bhabha,TheLocation
ofCulture(London,NewYork:Routledge,2004).
9 Zur literarischenTraditiondesKosmopolitismussieheBillAshcroft,GarethGriffiths,Helen
Tiffin,PostcolonialStudies:TheKeyConcepts (NewYork,Oxon:Routledge,2013),64–67. Im
VergleichdazusieheZuAspekten„transnationalerGesellschaftsgeschichte“vgl. JürgenOster-
hammel, „TransnationaleGesellschaftsgeschichte:ErweiterungoderAlternative?“,Geschichte
undGesellschaft27(2001):464–479.
10 ZuMassenkultursieheKasparMaase,GrenzenlosesVergnügen:DerAufstiegderMassenkul-
tur1850–1970(FrankfurtamMain:Fischer,1997),19–25.
11 Maase,GrenzenlosesVergnügen,20–29.
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
					
				
						Auf die Tour!
							Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
								
				Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
							- Title
 - Auf die Tour!
 - Subtitle
 - Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
 - Author
 - Susanne Korbel
 - Publisher
 - Böhlau Verlag
 - Date
 - 2021
 - Language
 - German
 - License
 - CC BY 4.0
 - ISBN
 - 978-3-205-21188-4
 - Size
 - 15.9 x 24.0 cm
 - Pages
 - 272
 - Category
 - Kunst und Kultur