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RäumepopulärerKultur inWien,BudapestundNewYork 57
miteinander.15DieStätten fungierten alsRäume, indenen sichdie vonder
neuenMobilitätgeprägteplurikulturelleGesellschaftsammelteundgemeinsam
aufhielt.16 IhrAufenthalt dort galt demZiel sichköstlich zuamüsieren. Im
VerfolgendiesesZiels verhielten sichdieBesucher*innen indifferentgegen-
überpolitischen, religiösenoderethnischenDifferenzen;Differenzenwaren
indergemeinsamenRaumnutzung,ob lediglich imAnwesendseinoderbei
Interaktionen, nicht vordergründig.17DiedargebotenenStückeundLieder
verhandeltenkontroverse Inhalte,hochpolitischeDebattenwieauchsoziale
Normen.Es istanzunehmen,dassdasPublikumüberdiese Inhaltedurchaus
unterschiedlichdachte.DasAmüsement ließallerdings inhaltlicheDiversitäten
überbrückenund sichüber–die in anderenDiskursenpopulistisch ausge-
schlachteten –Differenzen hinweg gemeinsam „köstlich amüsieren“.18Die
RäumepopulärerKulturwirktensomitals soziopolitischerKatalysatorüber
vermeintlichereligiöse,ethnische,nationale,politischeodersozialeDifferenzen
undIdentifikationenhinweg.19
Umbesserverstehenzukönnen,wieköstlichesAmüsement funktionieren
konnte,wirdzunächstdieQualitätderRäumepopulärerKultur indenBlick
genommen.20
15 Maaseunterscheidetzwischen‚popular‘und‚populär‘. ‚Popular‘verwendeterfürPhänomene,
diemanderUnterschichtzuordnete.Maase,GrenzenlosesVergnügen,20–26.
16 Bhatti,Plurikulturalität,171–180.
17 UnlängsthateineVielzahlanStudieninderSoziologiedieBedeutungderartigerMikrokosmen
für interethnische, religiösewieauchkulturelle Interaktionenbetont:.PierreBourdieu,„The
SocialSpaceandtheasGenesisofGroups“,TheorieandSociety14,no.6(1985):723–744;Till
vanRahden,WederMilieunochKonfession:DiesituativeEthnizitätderdeutschenJudenim
KaiserreichinvergleichenderPerspektive, in:OlafBlaschke,Frank-MichaelKuhlemann(Hg.),
ReligionimKaiserreich:Milieu,Mentalitäten,Krisen(Gütersloh:GütersloherVerlagshaus,
1996),409–434.
18 IndiesemSinnewardenStättenpopulärerKulturnichtnureineQualitätvonsogenannten
Nicht-OrtennachMarcAugé inne, sondernebenso jenedesdrittenRaumesalsMöglichkeits-
raum.MarcAugé,Nicht-Orte(München:C.H.Beck,2014);HomiK.Bhabha,TheLocationof
Culture.London,(NewYork:Routledge,2004).SieheauchFoucaults„TheateralsHeterotopie“.
MichelFoucault, „OfOtherSpaces,”Diacritics16,no.1(1986):22–27;HenriLefebvre,The
ProductionofSpace(Oxford,Cambridge:Wiley-Backwell, 1991).
19 DieÜberlegungenzuDifferenzundIdentifikation–üblicherweisemitdemkategorisierenden
Prinzip „Identität“ vereinfacht abgehandelt – beruhen in diesemBuch auf Brubaker und
Rogers.RogersBrubaker,FrederikCooper, „Beyond ‚Identity‘“,TheoryandSociety29(2000):
1–47.
20 ZumBeispiel dasCaféRoyal:Ander12thEcke2ndAvenuehatte es 1908nochnachdem
BetreiberdesCafés„Breslau“geheißenundwurde1910 inCaféRoyalumbenannt.Nahshon,
CaféRoyal,37.
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Title
- Auf die Tour!
- Subtitle
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Author
- Susanne Korbel
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Size
- 15.9 x 24.0 cm
- Pages
- 272
- Category
- Kunst und Kultur