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MobilitätundpopuläreKultur 121
AlsTeil solcherProgrammeaufzutreten,brachtedenKünstler*innenden
Vorteilein,sichnichtmehrselbstinjederneuenStadt,indiesiekamen,umAuf-
führungserlaubnisseoderKonzessionenfürSpielstättenkümmernzumüssen,
sonderndiebereitsvonderDirektionausgehandeltenArrangementsnutzen
zukönnen.DerobenerwähnteVolkssänger JosefKoller sah indieserVerände-
rungdenGrundfürdie„neueZeitdesVolkssängerthums“.DieneueQualität
anMobilitätbewirkte ihmzufolge,dassdiezuvoreher loseUnterhaltungmit
humoristischenSketchesundLiedernsich immerstärker institutionalisierte.
Das,was alsdie „neueZeit desVolkssängerthums“wahrgenommenwurde,
wareinestärkereräumlicheAnbindungderAufführungen,diesichausdem
Wunsch,Mobilität administrativ zuvereinfachen, ergab.DiefixenSpielstät-
ten indenStädtenverfügtenüberKonzessionenundstandeninKontaktmit
denBehördenfürAufführungsgenehmigungen.ProfixeKonzessiongabeszur
JahrhundertwendepermanentetwadreibisvierGastauftretende.34Manmusste
nurvoneinerSpielstätteengagiertwerdenundkonnteschonauftreten.Gera-
de fürreisendeKünstler*innen, soKoller, seideshalbdiestärkereräumliche
InstitutionalisierungpopulärerKulturdiewichtigsteVoraussetzunggewesen.35
WachstumundUntergang?
DasEntstehen von Infrastruktur fürAuftritte unddie Erleichterung admi-
nistrativerTätigkeitenbrachtenumgekehrtauchraschNeugründungenvon
Spielstättenmit sich.Von1890bis 1900verdoppelte sichdieZahl anSpiel-
stätten inderHabsburgermonarchieundinNewYorkvervierfachtesichdie
Zahl sogar.DieBudapesterZeitung InternationaleArtistenRevueverzeichnete
bei ihremerstenErscheinen1891 rund110 „Varieté-BühnenundKonzert-
Etablissements“–vonNewYorkbisMoskauundvonMalmöbisAthen.Das
„Fachorgan fürVarieté-undSpezialitätenbühnen,Circus,Konzertetablisse-
ment,SchaustellerundreisendeArtisten“, soderUntertitel,kannteaußerdem
dreißig„reisendeTheaterundArenas“,191„Sängerinnen“,98„Komikerund
Sänger“und68„KapellmeisterundPianisten“.36ZurSzenemobilerPopulärkul-
turgehörten:„Ventrioloquisten,Mimiker,Athleten,MusikalischeSpezialitäten,
34 IWE,21.12.1901,15.
35 Ich spreche vonder stärker räumlich verankertenVolkssängerszene, derenDarbietungen
indenneuenRäumenauchmit artistischenDarbietungenund inPotpourris gemeinsam
aufgeführtwurden,vonEtablissementkultur (wiederumals räumlicheKonsequenz,konnten
somehrereKünstler*innen imnun begrenztenRaumuntergebrachtwerden). Potpourri
meinthier imübertragenenWortsinneinebunteZusammenstellungdesProgrammsaus
verschiedenenNummern(„Programmmix“).SieheauchKapitel3.
36 DieRedaktion[FerdinandSteiner],„AnunseregeehrtenLeser!“, IAR,8.11.1891,1.Eshandelt
sichhierbei um jeneZahlen, die beimerstenErscheinenderZeitunggenanntenwurden.
(Fürdas Jahr1891differenziertedasVerzeichnisnichtnachTätigkeitsorten, sondernnannte
nurdieNamenderKünstler*innen.)DieVariationsbreite siehtman inden teilweise stark
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Title
- Auf die Tour!
- Subtitle
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Author
- Susanne Korbel
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Size
- 15.9 x 24.0 cm
- Pages
- 272
- Category
- Kunst und Kultur