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DasPrivate imUnterwegssein 225
langzuGast./EuchscheintdieWeltnurengundklein,/Euchtunwirsgleich,Euchganz
allein, / JagenundLeiben/Nirgendsverweilen/SollunsreLosungsein![!]143
DasStückgreiftfolglichzumeinendiePräsenzvonDebattenüberdieMobilität
derGesellschaftauf.ZumanderenisteseineAnekdoteüberPrivatsphäreauf
Zugreisen imSchlafcoupé.EinaufKriegsfußstehendesEhepaar,dasseit fünf
Jahrengetrennt lebt, istaufeinerReisegemeinsamimSchlafabteilunterwegs.
BesonderszweisameStundenverbringendiebeidenallerdingsnicht.DerMann
spricht seineFrauauf ihre ihmbekannteAffärean. ImStreit stelltderEhegatte
fest,dassersie,sobaldsieamZielderReiseangekommenseien,verlassenwolle.
DieEhefrau ist ihmabereinenSchrittvoraus, erwartet siedocheinKindvon
ihrerAffäre.DieseSituation ist fürsiegesellschaftlich jedochnichtvertretbar.
AusdiesemGrundhatsie,wiesichherausstellt,diegemeinsameReise ineinem
Schlafcoupéarrangiert.Als ihrderMannseinWissenumihreLiassoneröffnet,
erpresst sie ihngeschicktmitdergesellschaftlichangenommenenPrivatheit
einersolchenReise:Sieverrät ihm,dass„er“Vaterwird.„[Er:]Was?Nachdem
wir fünf Jahregetrennt lebten? Ichbinverraten, entehrt!“DieProtagonistin
verwendetdiegemeinsameFahrt imSchlafabteilunddieVorstellungenüber
die IntimitäteneinersolchenReisealsMittel zurErpressungdesEhemannes,
umihmdasKind,dassieerwartet, anzudichten:
[Sie:]Keineswegs,meinFreund.WirkommensogleichnachMarseilles,womichmeine
liebenVerwandtenerwarten.DiewerdennunGelegenheithabenzusehenundzuhören,
dasswirBeidealleineineNacht imSchlafcoupéverbrachthaben,werdendieSacheder
Weltweitererzählenund ...[!]144
WieschonimStückDerReisekofferderSoubretteRisaBastézeigensichhier
gesellschaftlicheVorstellungenübermoralischesReisengegenüberunmorali-
schemVerhaltenunterwegs.EinegemeinsameNachtreise imSchlafcoupéwar
folglichimSinneeinesoffensichtlichenBeweiseseinerromantischenBeziehung
zwischenMannundFrausuggerierbar.VerheiratetenPaarenbrachtedaszwar
keineüblenNachredenein. ImFallvonTaufsteinundUrbansStückstelltees
denEhepartnerabervorvollendeteTatsachen.Geschickt inszeniert,kanndie
Ehefrau ihrenSeitensprungtarnenunddemEhemanneinKindandichten.
InderPosseEinHotel inBudapest odergestörteSchäferstundengehtesviel
direkterzu.DasStückwurde1905fürdieWienerSingspielhalleCarlLechner
beiderZensurbehördeeingereicht.145 InihmkommteinFremderinBegleitung
143 Ebda.
144 Ebda.
145 O.A.,EinHotel inBudapest.NÖLA,NÖReg.Präs.TheaterTB–TextbücherderTheaterzen-
sur119/19.
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Title
- Auf die Tour!
- Subtitle
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Author
- Susanne Korbel
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Size
- 15.9 x 24.0 cm
- Pages
- 272
- Category
- Kunst und Kultur