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Kommunikationsprobleme zwischen autonomen Fahrzeugen und menschlichen
Fahrern142
absicht besteht oder nicht. Darüber hinaus gibt es andere Verhaltensweisen, die weniger
eindeutig sind: Stehen am Überweg ohne Kreuzungsabsicht (z. B. weil man sich unterhal-
ten will) oder zögerliches Verhalten, das keine eindeutige Querungsabsicht erkennen lässt.
In all diesen Fällen würde das autonome Fahrzeug aus Sicherheitsgründen anhalten. Die
Konsequenzen sind einerseits „unberechtigtes Anhalten“ bzw. die Gefahr, dass beispiels-
weise Kinder oder Jugendliche einen neuen Sport entwickeln, Fahrzeuge am Zebrastreifen
zum Anhalten zu zwingen.
Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen und auch die tatsächlichen Verhaltens-
weisen zwischen Ländern sehr unterschiedlich. Während beispielsweise in Italien bis vor
einigen Jahren kein Anhaltegebot für Autos am Zebrastreifen galt, ist es jetzt eingeführt
worden. Nach Berichten von China-Reisenden ist es nur empfehlenswert, den Zebrastreifen
als Fußgängerpulk zu überqueren, weil man als Einzelner keine Chance hat.
Fußgänger, die sich mit Handzeichen verständigen, gehen davon aus, dass die Hand-
zeichen gesehen werden – sie werden aber in der Regel ohne Beachtung der Verzögerung
des Verkehrs die Straße nicht überqueren.
7.8 Kompensationsmöglichkeiten
Die mangelnden Fähigkeiten von Fahrrobotern zur informellen Kommunikation in „Ver-
handlungssituationen“ ließen sich im ersten Schritt auf einfache Weise lösen.
Durch die eindeutige und sichtbare Kennzeichnung autonomer Fahrzeuge könnte den
übrigen Verkehrsteilnehmern die Besonderheit der Fahrzeuge und ihr abweichendes Ver-
halten verdeutlicht werden. Dies würde anderen Verkehrsteilnehmern zeigen, dass sie nicht
das gewohnte Verhalten erwarten können, und in der Folge auch die Akzeptanz in den oben
beschriebenen Beispiel-Situationen erhöhen. Auch Fahrschulfahrzeuge sind ja besonders
kenntlich gemacht, um andere Verkehrsteilnehmer zu informieren und um Verständnis für
ein entweder sehr regelkonformes oder aber unsicheres Verhalten zu bitten.
Für die Kennzeichnung spricht speziell in der Einführungsphase einiges. Wenn – wie in
dem Szenario „Valet-Parken“ (s. Kap. 2) vorgesehen – Fahrzeuge ohne Person auf dem
Fahrersitz fahren, so kann dies bei den übrigen Verkehrsteilnehmern zu Irritationen führen.
„Bewegt sich das Fahrzeug autonom, oder ist es unkontrolliert unterwegs?“ Durch die
Kennzeichnung stellt sich diese Frage nicht. Die Kennzeichnung von autonomen Fahr-
zeugen kann zudem einen Marketingeffekt haben, der eine schnelle Verbreitung zur Folge
hat. So gab es beispielsweise bei der Einführung von ABS Aufkleber für die Heckscheibe
mit dem Hinweis „Dieses Fahrzeug hat ABS“, um anzuzeigen, dass der Bremsweg kürzer
ist. Technisch gesehen ist das zwar nicht korrekt, da ABS vor allem die Lenkfähigkeit beim
Bremsen erhält, aber unter Marketinggesichtspunkten war der Aufkleber ein Erfolg.
Es spricht aber auch einiges gegen die spezielle Kennzeichnung von autonomen Fahr-
zeugen. Da sie sich, u. a. wegen ihrer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit, absolut
regelkonform verhalten müssen, können sie auch Ziel von unerwünschten Eingriffen von
außen sein.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung