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Anwendungsfälle im Bereich des autonomen Gütertransports
Der Nutzen des Autobahnpiloten wird vor allem in der Reduzierung von Unfällen und
einem besseren Verkehrsfluss gesehen. Insbesondere bei Stau oder zähfließendem Kolon-
nenverkehr, aber auch bei langen, eintönigen Fahrten und durch den weiter zunehmendem
Termindruck sind die Fahrer häufig an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Neben
der Entlastung des Fahrers von stressbehafteten Fahrsituationen wird Arbeitszeit frei,
die für andere Tätigkeiten genutzt werden kann. Hier gibt es Überlegungen, auch dis-
positive Tätigkeiten wie die Tourenplanung oder das Fuhrparkmanagement zu dezentrali-
sieren.
Ein derartiger Einsatzfall ist bereits erprobt. Scania stellte im Jahr 2013 einen Lkw vor,
der bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h „selbstständig beschleunigen, bremsen und
lenken“ konnte [15]. Im Jahr 2014 ließ Daimler einen Lkw bis zu 85 km/h autonom auf
einem gesperrten Autobahnabschnitt zwischen anderen Fahrzeugen fahren [16].
Der konzipierte Autobahnpilot entspricht einer vollautomatisierten Fahrt. Aufgrund von
Sicherheitsbedenken ist allerdings ein Verfügbarkeitsfahrer vorgesehen, sodass nur von
einer hochautomatisierten Fahrt gesprochen werden kann. Die Einsatzhöchstgeschwindig-
keit und die höhere maximal zulässige Gesamtmasse erfordern in ihrer Kombination an dere
Sicherheitskonzepte als im Individualverkehr.
Veränderungen werden vor allem beim Berufsbild des Fahrers erwartet. Bisher lernt er
viel über die Fahrzeugtechnik und Ladungssicherung. Übernimmt der Fahrer weiterhin die
technische Überprüfung des Fahrzeugs? Welche ökonomischen und ökologischen Ein-
sparungen wären mit dem neuen Konzept verbunden?
18.3.4 Vehicle-on-Demand als Autobahnfahrt ohne Fahrer mit freier
Navigation
Vehicle-on-Demand entspricht am ehesten dem Anwendungsfall, der im Bereich des
Gütertransports als autonom, dezentral gesteuertes FTS/FTF bekannt ist. Ein Fahrersitz ist
nicht vorgesehen. Allerdings kann sich in dem in Kap. 2 skizzierten Anwendungsfall das
Fahrzeug bis zu einer Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h und auch in unbekannten
Szenerien bewegen.
Es spricht einiges dafür, dass der Anwendungsfall „Vehicle-on-Demand“ den Wunsch-
vorstellungen der Unternehmen nach autonomen Fahrzeugen im Güterverkehr sehr nahe-
kommt: Der gut die Landessprache sprechende Fahrer, der bereit ist, die weiten Auto-
bahnfahrten mit langen Abwesenheitszeiten bzw. unregelmäßigen Einsatzzeiten für einen
geringen Lohn zu übernehmen, ist immer seltener zu finden. Übermüdete Lkw-Fahrer sind
der häufigste Grund für schwere Unfälle. Das Andocken und das Manövrieren in engen
Belieferungssituationen ist grundsätzlich für den Fahrer keine einfache Aufgabe.
Der Einsatz von Automatisierungstechnik könnte also von großem Nutzen sein. Aller-
dings wird sich die Freigabe aller Szenerien für schwere Lkw, insbesondere aufgrund von
Sicherheitsbedenken und notwendigen Änderungen in der Supply Chain (s. Abschn. 18.4),
noch einige Zeit hinauszögern.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung