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Antriebs-, Verkehrs-oderMobilitätswende? 49
Foucault(2007)bezeichnenDiskursenichtnureinspezifischesexplizitesWis-
sen,sondernvielmehreineüberindividuellePraxis,diedieArtundWeisedes
DenkensundSprechensbestimmt (Diaz-Bone2006: 251).Daher ist automo-
biles und e-automobilesWissen gerade nicht auf die Fahrzeugentwicklung
undVerkehrswissenschaften beschränkt, sondern durchzieht gesellschaftli-
chesWissenundkollektiveVorstellungen.
Historisch fußt die keineswegs von selbst entstandeneWertschätzung
vonselbstgesteuerterundmotorisierterAutomobilität inzentralerWeiseauf
derKoppelungmitbereitsbestehendenDiskursträngenundKollektivsymbo-
lenwieFreiheit, Fortschrittlichkeit und Individualität (Goodwin2010;Rajan
2006):UnteranderemarbeitetGijsMom(2013;auchSauter-Servaes2011)ma-
terialreichheraus,dassderSiegeszugdesVerbrennungsautosnicht in tech-
nologischer sondernvielmehr indessenkulturellerÜberlegenheitbegründet
liegt: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts beklagten gerade die europäischen
Eliten die Rigidität und Vermassung des Eisen- und Straßenbahnverkehrs
als Sinnbilder der industrialisiertenGesellschaft (Kuhm 1995: 18f.; Paterson
2007: 132). Das noch neue Verbrennnungsmotor-Automobil wurde von den
bürgerlichenSchichteninteressanterweisevorallemzuFreizeit-undVergnü-
gungszweckenals »Abenteuermaschine«,dasheißtals eineMöglichkeit,den
Alltagsroutinenzuentkommen,angesehen(Bonham2006:62).Hingegengalt
dasdamaligeE-AutomobilalseinfachzubedienendesKutschenäquivalentfür
städtischeBesorgungenfüreineüberwiegendweiblicheKlientel.Erst später
konntedasBenzinautodurchseinetechnischenWeiterentwicklungundüber
denRennsport denMarkt der privatenAlltagsgebrauchsfahrzeuge erschlie-
ßen,BedürfnissebeiReisegeschwindigkeit undReichweite sowiediedarauf
basierendenLeitbilderauto-mobilerFortbewegungneudefinieren (Abt 1998:
78; Sauter-Servaes 2011: 30) und auch darüber hinaus die gesellschaftlichen
Erwartungen undVorstellungen von technologischer Zukunftsfähigkeit be-
einflussen.
In der gesellschaftspolitischen Debatte in Nachkriegsdeutschland wird
dasAutoerst indenspäten1950erJahrenklaralsMassenverkehrsmittel favo-
risiertundmitModernitätundtechnischemFortschrittverknüpft.Zusätzlich
gewinntdasAuto als »nicht-kollektivistisches« Fahrzeug inAbgrenzungzur
traditionalen ebenso wie zur sozialistischen Gesellschaft an politisch-sym-
bolischer Bedeutung (Kuhm 1997: 26). Der Ausbau des Autoverkehrs gilt
seither als Daseinsvorsorge und damit als zentrale Aufgabe des Staates.
Dies legitimiertdiedirektenund indirektenstaatlichenSubventionierungen
durchStraßenbauund-unterhalt,diesteuerlicheFörderungvonAutokäufen
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Title
- Baustelle Elektromobilität
- Subtitle
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Author
- Achim Brunnengräber
- Editor
- Tobias Haas
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Category
- Technik