Page - 30 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
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M Ersteigung des Großglockner«.
Wartsscharte betreten hatten, auf der Adlersruhe angelangt waren. Sie
liegt beiläufig I050N F, hoch, nach Schlagintweit 1N432 P, F., und
somit waren wir vom ersehnten Ziele nur mehr 1500 Fuß an Höhe
entfeint.
Die Aussicht hatte sich indessen mit jedem Schritte zum Theil
eigenthümlicher, zum Theil großartiger entfaltet.
Dort gegen Norden und Osten thürmten sich Nebelballen mächtig
übereinander, um im nächsten Augenblicke in andere phantastische Gestalt
tungen überzugehen; jetzt tauchte aus dem nördlichen Gletschermecre
des Glöckners eine Spitze empor, jetzt verschwand sie wieder und eine
andere erhob sich über den Wolken. In jener Nichtung dafür, wo die
Aussicht unbenoinmcn war, in der südlichen und südwestlichen nämlich,
war schon jetzt dem Auge ein entzückender Hinausblick gestattet.
Die Hoffnung, die Fernsicht bald von der Spitze genießen zu
können, gemeinschaftlich mit der Furcht, bei längerem Verweilen auf
einem der fönst gewöhnlichen Ruheplätze durch die nahen Nebelzüge
zuletzt noch an der Betretung der Spitze gehindert zu werden oder
mindestens um jeden Genuß der Fernsicht von ihr zu kommen, stimmte
mich gegen ein derlei längeres Verweilen.
Doch da wir bisher noch gar nicht gerastet hatten und die
Führer es für gerathen hielten, für die eigentlich hier erst beginnende
Hauptschwicrigkeit der Ersteigung sich noch früher eine körperliche Stär-
kung mittelst rothen Tirolcrweines und kalten Bockfleisckcs beizulegen,
so benutzten wir die Hütte der Ablersruhe zur Naststation,
Die Adlersruhe, ein Felskamm zwischen den Firnmasfen, lieferte
in den tausend großen und kleinen Felsstücken, welche rings reichlich
und eben nicht in Neih und Glied den Boden bedecken, das Matc-
riale zu der hier befindlichen Steinhüttc.
Gleicht der Bau ohne Kalkauwurf und Dach mit den Lücken zum
Ausblicke auch einer Nuine wie ein Ei dem andern und ist auch sein
Boden beständig mit Schnee bedeckt, so bleibt er nichtsdestoweniger
als eine Zufluchtsstätte für den Fall eines plötzlich eintretenden Un-
wetters, fowie als ein gegen den stärksten Windanfall geschützter Ruhe-
platz für den schon ermattenden Glocknerwanderer eine wahre Wohlthat,
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918