Page - 226 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
Image of the Page - 226 -
Text of the Page - 226 -
Ersteigung des Ankogels bei Gastein.
er kömmt, daher unmittelbar vom Firmamente überwölbt, zuerst mit
Einem Strahle, bald aber getrennt in zwei Armen, zwischen welchen
ein Eiland mit Bäumen erzittert, herabstürmt, hierauf wieder vereint
auf eine nach Norden geneigte Abstufung des Gesteins, das dergestalt
ausgewaschen zu haben wahrscheinlich sein Werk ist, auffällt, von welcher
er sich wie ein dünner Schleier auf den nächstfolgenden ähnlichen
Absatz der Felswand herabbrcitet, dann aber noch durch mehrere solche
Felsstufen gebrochen, «ft vereint, oft in getrennten, jedoch mindestens
durch ihren Staubregen verbundenen Hauptstrahlen in das Thal braust.
Vald nach dieser Scene zeigt sich auf der östlichen Thalseite das
Höllthor mit seinen zackigen Spitzen und der Ankogel selbst, als der
Letzte des Thales seiner Lage, der Erste seiner Größe nach; — noch
eine kurze Zeit und die Roihegger Alpen, zuerst die weiter Außen
gelegene, daun die nur im Hochsommer bewirthschafteten drei hintern
Hütten am Fnße der Steinmassen des Konallkopfes, blicken dem Wan-
derer gastlich entgegen.
Ich hatte von Böckstein bis zur letzten Alpe, unserm Nachtlager,
nur 2/4 Stunden benöthigt und daher «och Muße den Unkogel, den
man vom Nothegg von der Spitze bis zum Fuße sieht, recht ins Auge
zu fassen. Er ist ein wahrer Kogel; ein breites, trotziges, abgerun-
detes Berghaupt, blickt er nnt seinen, häufig durch dunkle S,tein-
wände durchbrochenen und bis in die Thalschlucht hängenden Eis«
mafsen und Schneegefilden ernst auf seine ernste Umgebung j denn die
ganze Schlucht, aus welcher er emporsteigt, hat einen, wahrscheinlich
im heurigen Jahre durch die zahlreichen Schneefclder noch erhöhten,
düstern Charakter,
Während ich so den Nnkogel, die nächste Umgebung der Alpe
und das Anlaufthal mir ruhig betrachtete, und meine barometrische
Messung machte, hatte sich die Sonne allmalig zum Untergänge ge-
neigt. Bald war sie wirklich unter dem Horizonte des Thales, und
dieß lag jetzt durch die dunkleren Tinten, in welchen Höhen, Matten
und Waldgründe, letztere nur hie und da in der Thalfläche vom sil-
bernen Anlaufbache durchschimmert, erglänzten, in noch feierlicherer,
ergreifender Stille gebreitet. Da vom Ankogel ein kalter Schneewind
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918