Page - 238 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
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Ersteigung de« Ankogels bei Gastein.
Scharfe meines Fernrohrs und der reinen Fernsicht in der Richtung,
in welcher dasselbe sichtbar sein müßte, kein Meer auffinden.
Deßhalb, und weil ich vollkommen die, in Hugi's Aufsatze über
die Ersteigung der Alphörner in dem dritten Hefte der Deutschen
Vierteljahrsschrift für 1643 wiederholte, Ansicht theile, daß auf grö-
ßeren Höhen die Fernsicht gegen das hügelige und flache Land bedeu-
tend an Gesichtsweite und Deutlichkeit abnimmt, und daß, wenn auch
gegen den Kranz der Gebirge der Horizont sich vergrößert, doch in
einiger Entfernung Alles eine düstere unbestimmte Gestalt annimmt,
möchte ich fast als wahr annehmen, daß man auch, wenn keine
Gebirge dies unmöglich machen, schon der großen Entfernung wegen
das Meer von den Tanern nicht mehr zu unterscheiden im Stande sei.
Nun wurde noch das Barometer besichtigt und dann, es war
8 Uhr vorüber, die Spitze verlassen.
Bald und glücklich kamen wir über den Felsgrat des Ankogels
auf die obere Einsattlung jenseits der verrufenen Schneide, wo wir
Pflaum, unseren alten Führer, in der Sonne gelagert antrafen. Er
empfing uns mit großer Freude und versicherte uns: es sei ihm
unsertwegen um so mehr bange geworden, als er die Stricke, auf
welche wir, da wir uns von ihm trennten, vergessen hatten, in seiner
Tasche gefunden, so daß -uns im^Falle der Gefahr selbst diese Hilfe
gefehlt hätte.
Aber, Dank dein Himmel, wir waren auch ohne Stricke einen
Weg hinan und herab gekommen, den minder Beherzte sammt
den Stricken kaum gemacht hätten. Von großem Glücke konnten wir
überdies noch in Betreff der Witternng sagen. Während wir auf der
Spitze waren, begannen sich die ersten Nebel über der Pasterze und
an den südlichen Bergen zu bilden. Kaum aber waren wir jetzt auf
den Sattel zurückgekehrt, als sich schon ringsum die Bergspitzen
im Nebel verbargen. — Nun machten wir uns auch bald daran,
wieder in die Schlucht des Anlaufthales und nach Rothegg hinabzu-
steigen. Dies war der beschwerlichste, ja gewissermaßen selbst der
gefährlichste Theil der Expedition. Wir wählten nämlich seiner Kürze
halber den Weg, den wir heraufgekommen waren, auch zum Hinab-
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918