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Bildungs- und Berufsberatung in der
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Herkunftsland zur Berufsausführung berechtigt (vgl. Englmann und Mül-
ler 2007, S. 35ff.). Die Richtlinie definiert vier unterschiedliche Systeme zur
Anerkennung von beruflichen Qualifikationen. Das sind im Einzelnen die
Anzeige grenzüberschreitender Dienstleistungen, die Gleichhaltung von
Ausbildungsnachweisen, die Anerkennung von Berufserfahrung sowie die
automatische Anerkennung auf Basis harmonisierter Ausbildungserforder-
nisse, die vor allem für Gesundheitsberufe relevant ist (vgl. Biffl et al. 2016,
S. 57). Die Richtlinie regelt zudem den Ablauf des Anerkennungsverfahrens.
Der Bescheid ist innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständi-
gen Unterlagen zu erstellen. Ein negativer Bescheid muss eine Begründung
und Informationen über Klagemöglichkeiten enthalten (RL 2005/36/EG). Die
Richtlinie legt auch die Gleichstellung für Qualifikationen außerhalb der EU
fest, wenn eine dreijährige Berufserfahrung in einem EU-Mitgliedsstaat
nachgewiesen werden kann (Art. 3, Abs. 3 RL 2005/36/EG).
In Deutschland wird durch das neue Anerkennungsgesetz der Rechts-
anspruch auf ein Anerkennungsverfahren über die reglementierten Berufe
nach der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie auch auf Qualifikationen aus
Nicht-EU-Ländern erweitert. Entscheidend für die individuelle Prüfung des
Antrags auf Anerkennung ist immer die Zulassung zu dem betreffenden Be-
ruf im Herkunftsland. Falls hier sogenannte wesentliche Unterschiede fest-
gestellt werden, sind zusätzlich die durch Berufserfahrung erworbenen in-
formellen Kompetenzen zu berücksichtigen. Sollte dadurch kein Ausgleich
möglich sein, besteht bei reglementierten Berufen zudem die Alternative,
eine Teilanerkennung auszustellen, die mit individuellen Auflagen versehen
wird. Die Erfüllung dieser Auflagen führt zur vollen beruflichen Anerken-
nung. Dabei ist hervorzuheben, dass ungenügende Sprachkenntnisse keine
Auflagen begründen. Die für die Berufsausübung notwendigen sprachli-
chen Kompetenzen dürfen von den Aufnahmeländern geprüft werden, je-
doch ist diese Prüfung nicht Gegenstand des Anerkennungsverfahrens. Die
Möglichkeit der Teilanerkennung bzw. von Ausgleichsmaßnahmen bei reg-
lementierten Berufen leitet sich aus der Zielsetzung der EU-Richtlinie ab, in
der EU Arbeitnehmerfreizügigkeit zu gewährleisten (vgl. Maier et al. 2012,
S. 17ff.).
Die Berufsanerkennungsrichtlinie wird in Österreich in den Bundes-
bzw. Landesgesetzen umgesetzt, die damit verbundenen Erfahrungen sind
jedoch vielfältig (vgl. Bichl 2015, S. 2). Die Nostrifizierung als im akademi-
schen Bereich bekannteste Form der Anerkennung im Ausland erworbener
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Title
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Subtitle
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Author
- Birgit Schmidtke
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 252
- Keywords
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Category
- Recht und Politik