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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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schätzung dieser materiellen Ressourcen durch ihren viel zu kurzen Einsatz in Geräten ist beispiellos. Re- cycling löst dieses Problem leider nicht (siehe auch den Beitrag von Bax & Handke). Selbst unter optima- len industriellen Bedingungen werden im Recycling des besagten Elektronikschrotts maximal 17 Metalle zurückgewonnen, alle anderen verteilen sich so fein, dass es praktisch unmöglich ist, sie jemals wiederzu- gewinnen. Wir entziehen diese Metallmengen damit der Nutzung durch zukünftige Generationen. Hinzu kommt, dass zwischen den entstehenden und recy- celten Mengen von Elektronikabfall ohnehin eine Lü- cke klafft, die in den meisten EU-Ländern weit über 50 Prozent liegt10 und in der übrigen Welt noch größer sein dürfte. Für eine nachhaltige Digitalisierung wäre es not- wendig, das Prinzip zu rehabilitieren, dass Hard- warekomponenten bis zum Ende ihrer technischen Lebensdauer betrieben werden und der größte Teil der Wertschöpfung im immateriellen Bereich, also in der Software, stattfindet. FAZIT UND AUSBLICK Weder im Fall des Flugverkehrs noch im Fall der Lebens dauer von Gebrauchsgütern hat sich bisher die Hoffnung erfüllt, dass dank Digitalisierung die Material- und Energieintensität unserer Aktivitäten zurückgehen würde. Im digitalen Zeitalter ist es vielmehr selbstverständlich geworden, dass Anbieter das Prinzip der immateriellen Wertschöpfung durch Software in sein Gegenteil verkehren, indem sie ma- teriellen Konsum durch Software stimulieren oder gar erzwingen. Aus diesen und auch aus ethischen Gründen wird es unter anderem notwendig sein, die Rechte der Nutzer*innen zu stärken, um der Entwicklung ent- gegenzutreten, dass ihr Eigentum zunehmend unter externe Kontrolle durch Softwareanbieter gerät. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde vom deutschen Bundesverfassungsgericht einst aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht heraus ent- wickelt, um dem*r Einzelnen eine rechtliche Hand- habe zu geben, über die Verwendung seiner oder ihrer persönlichen Daten zu bestimmen. Es stellt sich heute die Frage, ob angesichts der zunehmen- den Fremdbestimmung unserer Gebrauchsgüter und Infra strukturen nicht analog aus dem Eigentums- recht ein Recht auf materielle Selbstbestimmung abzuleiten wäre, das dem*r Eigentümer*in eines (softwaregesteuerten) materiellen Gutes bessere ///<quote> Eine nachhaltige Wirtschaftsweise wird nicht realisierbar sein, solange wir die grund- legenden Mechanismen nicht infrage stellen, die uns zu Wachstum zwingen. ///</quote> DAS GRUNDPRINZIP DER DIGITALISIERUNG IST DEMATERIALISIERUNG – NUR STELLEN WIR ES AUF DEN KOPF Software ist eigentlich das perfekt nachhaltige Pro- dukt. Ein Softwareprodukt ist auf die gleiche Weise immateriell wie ein Roman oder eine Partitur. Diese können allenfalls aus der Mode kommen, aber sie unterliegen keiner Abnutzung. Sie ändern sich nicht dadurch, dass sie gelesen bzw. gespielt werden. Hardware nutzt sich ferner nicht dadurch ab, dass sie Software ausführt. So gesehen, ist Hardware er- staunlich haltbar. Eher sind äußere Beschädigungen für die Alterung von Hardware verantwortlich als die eigentliche Arbeit, welche die Prozessoren, Spei- cherchips und weiteren Elektronikbauteile verrich- ten. Falls die Hardware nicht die Funktion erfüllt, nach der man gerade verlangt, besorgt man sich neue Software, die man auf der gleichen Hardware ausführt. Die Universalität der Hardware ist der ur- sprüngliche und eigentliche Sinn der Trennung von Hardware und Software.7 Um den Energieverbrauch muss man sich normaler- weise auch nicht sorgen, denn ein handelsüblicher Prozessor benötigt heute nur eine Kilowattstunde Energie, um unvorstell bare 10 Billiarden Rechen- operationen auszuführen. Die ersten Computer hatten diese Energie schon nach wenigen Tausend Ope- rationen verbraucht. Und die Energieeffizienz der digi talen Technologie steigt weiter.8 Bis zu diesem Punkt klingt das alles sehr material- und energie- effizient. Nun hat es sich aber seit den 1980er-Jahren bei Soft- ware herstellern einge- bürgert, dass sie durch die sogenannte Soft- wareevolution den Fort- schritt an Rechen- leistung, Speicher dichte und Energie effizienz im Hardware bereich vollständig ‹aufsaugen›.9 Das Ergebnis ist, dass funktionierende Geräte syste- matisch zu Abfall werden, was weltweit zu einem steigenden Aufkommen von Elektronikschrott führt. Dies ist unter Nachhaltigkeitsaspekten besonders be- denklich, denn die heutige Hardware enthält 50 bis 60 Metalle, die zum Teil unter hohen Belastungen für Mensch und Umwelt gewonnen werden. Die Gering- /// 074 1 0 0 1 0 1 0
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET Digitalisierung nachhaltig gestalten
Title
WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Subtitle
Digitalisierung nachhaltig gestalten
Author
Anja Höfner
Editor
Vivian Frick
Publisher
oekom verlag
Location
München
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-SA 3.0
ISBN
978-3-96238-149-3
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
152
Keywords
Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
Categories
Informatik
Technik
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