Page - 11 - in Bühne und Kostüme
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entwerfen im denkmalgeschützten bestand heißt, zunächst das
bestehende zu erfassen, strukturell, ästhetisch aber auch poe-
tisch, es muss — unakademisch formuliert — ein Gefühl für das
wesen eines bauwerkes entwickelt werden und dazu ist es un-
verzichtbar, die Substanz mit allen Sinnen zu begreifen. mit und
im bestand zu entwerfen, ist ohne die materielle Gegenständlich-
keit und die damit verbundene wahrnehmung von raum nicht
möglich. Das entwerfen im bestand bedeutet ein Abarbeiten am
Konkreten. Die räumliche vorstellungskraft ist besonders im ent-
wurfsprozess hinsichtlich bestehender, historischer bausubstanz
gefordert, gilt es abseits vom physischen bestand, Atmosphären,
Stimmungen und Auren der räume während des kognitiven Pro-
zesses des entwerfens zu vergegenwärtigen. Das „Abwägen“,
wie auch im Denkmalschutzgesetz vorgesehen, zwischen ver-
änderungsgründen und veränderungsfolgen, insbesondere eine
reflexive Haltung gegenüber den Auswirkungen auf die Denkmal-
werte, setzen ein erkennen der Substanz über das faktenorien-
tierte wissen voraus.
„Das bundesdenkmalamt hat alle vom Antragsteller geltend ge-
machten oder von Amts wegen wahrgenommenen Gründe, die
für (…) eine veränderung sprechen, gegenüber jenen Gründen
abzuwägen, die für eine unveränderte erhaltung des Denkmals
sprechen“ (§5 Abs.1DmSG)
Das Schauspielhaus Graz, als Kulturstätte und Denkmal, erzählt
bereits eine Geschichte. ihm wurde rückblickend immer die mög-
lichkeit gegeben, sich nicht nur künstlerisch, sondern auch ar-
chitektonisch weiterzuentwickeln. Davon berichten viele bauliche
zeitschichten, die im historischen Kontext zu sehen sind.
Dem umbauen und dem weiterbauen widmete sich die entwurfs-
aufgabe, die mit den Studierenden des 5. Semesters der Archi- tekturfakultät an der Tu Graz bearbeitet wurde. Denn auch zum
wesen eines Theaters gehört der permanente umbau, um dem
Schauspiel einen sich ständig wandelnden rahmen zu geben.
Die Probebühne des Schauspielhauses Graz wurde in der ent-
wurfsübung aus ihrer bisherigen isolation geholt und bekam eine
neue „Rolle“ im Kontext zum Theater und zur Stadt, um ein offe-
nes haus, "ein place to be" zu werden, wie es die intendantin des
hauses formuliert hat. Die Stadt wird zum zuschauer.
Die drei bestehenden bühnen baulich zu vernetzen, war eben-
so Aufgabe, wie das Schauspiel sichtbar zu machen, oder es
fragmentarisch zu zeigen. Die Studierenden bedienten sich
dazu der Fläche, die aktuell als Parkplatz genutzt wird. Die da-
zugehörige Kostümbild-
nerei, als funktiona-
le ergänzung, erhob
ebenso den Anspruch
des „Sich zeigens“. Als
Ausgangspunkt für eine
qualifizierte Konzept-
findung im Umgang mit sensibler historischer Bausubstanz war
eine strukturierte Analyse des objektes und dessen umfeld un-
umgänglich. im rahmen der entwurfsübung vernetzten sich die
Studierenden mit Denkmalpfleger*innen, Schauspieler*innen,
Dramaturg*innen und eigentümer*innen und sammelten, als ba-
sis für die Gestaltung, interdisziplinäres wissen.
ähnlich wie es der Schauspieler mathias Lodd in seinem beitrag
beschreibt, lassen sich auch Architekt*innen durch ihr Schaffen in
ihre Seele blicken, sich die brust aufreißen. Daher bedanken wir
uns bei allen Studierenden, die sich mit uns auf diesen Seelentrip
eingelassen haben und der Geschichte des Schauspielhauses
(...) „Das bundesdenkmalamt hat alle vom Antrag-
steller geltend gemachten oder von Amts wegen
wahrgenommenen Gründe, die für (…) eine verän-
derung sprechen, gegenüber jenen Gründen ab-
zuwägen, die für eine unveränderte erhaltung des
Denkmals sprechen“ (§5 Abs.1DmSG)
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Bühne und Kostüme
- Title
- Bühne und Kostüme
- Editor
- Petra Simon
- Elemer Ploder
- Martina Thaller
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-763-2
- Size
- 24.0 x 24.0 cm
- Pages
- 124
- Category
- Kunst und Kultur