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82 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Es ist für die Tatbestandlichkeit der Verhaltensweise von entschei-
dender Bedeutung, ob dem Angriffsobjekt eine Sicherheitsvorkehrung
zuzurechnen ist.398 Würde nämlich im selben Beispielsfall der Täter
nicht über das gesicherte Netzwerk Zugriff auf die Daten des PCs er-
langen, sondern sich diesen Zugriff vor Ort durch bspw eine offenge-
lassene Bürotür verschaffen, so wäre die Netzwerksicherheitsvorkeh-
rung nun nicht dem Zielsystem zuzuordnen und der PC selbst als das
tatbildliche Computersystem iSd § 118 a Abs 1 zu qualifizieren. Mangels
Überwindung einer spezifischen Sicherheitsvorkehrung wäre gerade in
diesem Beispiel der objektive Tatbestand nicht erfüllt.399
Es muss daher im Einzelfall geprüft werden, ob der Weg der Da-
tenübertragung im Fall eines Zugriffs über ein Netzwerk ausschließ-
lich über den ( gesicherten ) Weg zum konkreten Zielsystem führt oder
( ungesicherte ) Umwege existieren. Im ersten Fall würde die Sicher-
heitsvorkehrung, die im Netzwerk dermaßen angebracht ist, dass jeder
Zugriff von außerhalb diese Schutzvorrichtung auch passieren muss,
diesem gesamten Netzwerk als tatbildliches Computersystem zuge-
rechnet werden, ganz gleichgültig, welche Netzwerkkomponente ( auch
PC, Switch, Router usw ) vom Spionagezugriff konkret betroffenen
wäre. Im zweiten Fall, wenn der Täter ein nicht umfassend gesichertes
Netzwerk über einen Umweg infiltriert, » umgeht « er eine Sicherheits-
vorkehrung, » überwindet « sie aber nicht. Im Ergebnis wäre diese Si-
cherheitsvorkehrung nicht ausreichend, um dem konkreten Spionage-
objekt als eine derartige Vorrichtung zugerechnet zu werden.400
Thiele führt auf Grundlage einer Wortinterpretation hins » Teil ei-
nes solchen « aus, dass als Teil eines Computersystems nur etwas in
Frage kommt, das selbst kein ( funktionsfähiges ) Computersystem
darstellt.401 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass bei einer derar-
tigen ( engen ) Auslegung jeder durch einen Mikrocontroller gesteu-
erte Bauteil eines PC per se als ein eigenes Computersystem beurteilt
werden müsste. Des Weiteren könnte dieser Argumentation zufolge
ein lokales Netzwerk kein selbstständiges Computersystem darstel-
len, da jedes damit verbundene System ( PC, Router, Switch ) jeweils
398 Siehe dazu auch Bergauer, RdW 2006 / 391, 412.
399 Im Ergebnis übereinstimmend auch Thiele in SbgK § 118 a Rz 40.
400 Abgesehen davon, dass am konkreten Spionageobjekt nicht selbst eine Sicher-
heitsvorkehrung implementiert ist.
401 Thiele in SbgK § 118 a Rz 29.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik