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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
tems ist, kommt daher als Täter in Frage, wenn er bezüglich der darauf
verarbeiteten bzw gespeicherten Software ( Programme bzw Dateien )
keine bzw keine alleinige Verfügungsberechtigung besitzt.408 Fraglich
ist, ob es tatsächlich sinnvoll ist, die Verfügungsberechtigung auf das
Computersystem bzw einen Teil davon zu beziehen. Immerhin muss
es dem Täter, um sich strafbar zu machen, immer auf die ( nicht für ihn
bestimmten ) Daten ankommen ( vgl überschießende Innentendenzen ),
auch wenn er selbst Eigentümer der Hardware wäre. Verschafft sich
jemand Zugang zu einem Computersystem über das er ( neben dem
Eigentümer bzw Betreiber ) nicht allein verfügen darf, aber auf dem
ausschließlich in seine alleinige Verfügungsberechtigung fallende Da-
ten gespeichert sind, so käme auch dieser an den Daten Berechtigte
als Täter iSd § 118 a Abs 1 in Betracht.409 Man denke etwa an den Fall
der Nutzung eines Online- bzw » Cloud-Speichers « 410 im Internet, auf
dem die Kunden gegen Entgelt ihre Daten abspeichern können. Ver-
gisst nun jemand bspw sein Passwort, um auf das Service zugreifen zu
können und verschafft sich durch die Überwindung der installierten
spezifischen Sicherheitsvorkehrung, welche sein eigenes Nutzerkonto
vor widerrechtlichen Zugriffen schützen soll 411, den Zugang dazu, so
ist die objektive Tatbestandsmäßigkeit hergestellt, weil er nicht über
die Hardware ( allein ) verfügen darf. Lediglich der Entfall des erwei-
terten Vorsatzes in dem Sinn, dass dieser Täter nicht in der Absicht
handelt, » sich oder einem anderen Unbefugten « in Kenntnis der dort
gespeicherten Daten zu setzen, lässt den ( subjektiven ) Tatbestand ent-
fallen. So wäre es mE sachgerechter jede Person als Täter zu erfassen,
die nicht ( allein ) über die Daten, die auf dem Computersystem gespei-
chert sind, verfügen darf. Hingegen nicht auch jene, die zwar die allei-
nige Berechtigung bezüglich der Daten besitzt, aber gerade nicht über
das Computersystem selbst ( allein ) verfügen darf. Letzteres dient hier-
bei lediglich als Mittel zum Zweck der konkreten Datenverarbeitung.
408 Vgl auch Birklbauer / Hilf / Tipold, Strafrecht BT I 2 ( 2012 ) § 118 a Rz 4; weiters Reindl-
Krauskopf in WK 2 § 118 a Rz 10 und 15; auch Thiele in SbgK § 118 a Rz 31 f.
409 In diesem Sinne wohl auch Reindl-Krauskopf in WK 2 § 118 a Rz 14.
410 Das Problem zeigt sich aber prinzipiell bei allen Formen der Virtualisierung und
Abstraktion des verwendeten Dienstes von der Hardware, wie zB beim » Cloud
Computing « uÄ.
411 Ggf hat dieser Nutzer die Sicherheitsvorkehrung sogar selbst dort installiert.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik