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132 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
betracht des Rechtsguts der informationellen Selbstbestimmung und
der Reichweite des § 1 Abs 1 DSG 2000 632 bezüglich sämtlicher Verar-
beitungsformen wohl iSd Verständnisses des ( dort ) als Tathandlung
normierten Sich-Verschaffens iSd § 126 c Abs 1 zu verstehen sein.633 Es
kommt somit nicht auf eine Gewahrsamsverschaffung an körperlichen
Gegenständen an.634 Die bloße unberechtigte Kenntniserlangung der
Dateninhalte reicht bereits aus.
Ob das Verschaffen auch » widerrechtlich « erfolgte, ist in Anbe-
tracht der Gesamtrechtsordnung zu werten. Zu prüfen ist dabei, ob
sich jemand ohne rechtlich anerkannten Grund bzw durch einen Ver-
stoß gegen eine Rechtsvorschrift diese geschützten Daten verschafft.635
Es spielt dabei keine Rolle, ob sich dieser rechtliche Grund auf die
Daten selbst bezieht ( zB Verstoß gegen das Datenschutzgesetz 2000 )
oder auf ihren Träger ( zB Wegnahme eines USB-Sticks mit den delikti-
schen Daten iSd § 127 ). Zu beachten ist folglich, dass ein beruflich in-
diziertes Verschaffen von Daten, die allerdings vom Arbeitgeber nicht
datenschutzkonform verwendet werden sollen, ebenfalls ein wider-
rechtliches Verschaffen – weil Verstoß gegen das DSG 2000 – darstellen
kann.636 Aber nicht nur rechtliche Gebote bzw Verbote indizieren eine
Widerrechtlichkeit, sondern ggf auch ein Sich-Verschaffen gegen den
ausdrücklich oder schlüssig erklärten Willen des Berechtigten.637
In bestimmten Sachverhaltskonstellationen kann jedoch das wi-
derrechtliche Verschaffen der Daten bereits mit der Tathandlung des
» Selbst-Benützens « zusammenfallen bzw dieser unmittelbar vorange-
hen.638 So führt das LG Salzburg in seiner E aus: » [ … ] das widerrechtli-
che Fotografieren der Toilettenbesuche der Genannten mittels iPhone,
stellt daher eine – vom erforderlichen Vorsatz getragene – widerrecht-
liche Benützung von personenbezogenen Daten der Genannten, an de-
nen sie ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse haben, dar «.639
Ähnliches gilt für den Sachverhalt mit dem sich das OLG Wien be-
632 » Bloßes Wissen « der schutzwürdigen Daten, ohne jegliche Aufzeichnung bzw Ver-
körperung der Daten, fällt ebenfalls ( nur ) unter das Grundrecht nach § 1 Abs 1
DSG 2000 ( vgl Jahnel, Handbuch, Rz 3 / 72 mwN ).
633 Vgl dazu auch die Ausführungen zu § 126 c bzw § 207 a Abs 3.
634 Siehe dazu ausf Bergauer, jusIT 2015 / 3, 9.
635 Siehe auch Hinterhofer, Geheimnisschutz, 183.
636 Vgl idS wohl auch Salimi in WK 2 DSG § 51 Rz 19.
637 Vgl zur Widerrechtlichkeit im Tatbild auch ErlRV 1316 BlgNR XXII. GP, 4.
638 AA offenbar Reindl-Krauskopf, Cyberstrafrecht im Wandel, ÖJZ 2015 / 19, 112.
639 LG Salzburg 29. 04. 2011, 49 Bl 17 / 11v = jusIT 2011 / 89, 185 ( Thiele ).
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik