Page - 301 - in Das materielle Computerstrafrecht
Image of the Page - 301 -
Text of the Page - 301 -
301
Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
im Zielsystem lokal » eingebracht « werden. So fällt auch das bloße Aus-
führen von Programmen, die zur schweren Funktionsstörung führen
und im Zielsystem bereits vorhanden sind, unter die Tathandlung des
Eingebens von Daten. Das AusfĂĽhren von Computerprogrammen er-
fordert grundsätzlich Anweisungen von außen. Derartige Anweisun-
gen können sich in einem einfachen Mausklick wiederfinden oder aber
aufwändige Timer- bzw bedingungsgesteuerte Trigger-Funktionalitä-
ten darstellen, die ebenfalls innerhalb des Systems definiert werden
mĂĽssen. Unbeachtlich ist allerdings, ob sich die letztlich fĂĽr die Sys-
temschädigung verwendeten Programme bereits vor Ort am System
befinden ( zB bei typischen Funktionalitäten eines Systems, wie etwa
ein System durch einen Mausklick herunterzufahren ) oder zuvor vom
Täter ins System eingebracht wurden. Zur Realisierung der Tathand-
lung der Eingabe von Daten reicht es bereits aus, das System zwar –
technisch betrachtet – ordnungsgemäß, aber unbefugterweise herun-
terzufahren.
Auch wäre etwa die Eingabe von bloßen Tastenkombinationen 1499,
die zu einem Neustart 1500 eines Systems fĂĽhren, unter diese Tathand-
lung zu subsumieren, sofern – wie später zu prüfen sein wird – daraus
eine schwere Funktionsstörung des Systems resultiert.
Hier ist jedoch grundsätzlich zwischen den zwei Arten eines Neu-
starts zu unterscheiden, dem Warmstart und dem Kaltstart.1501 Beim
Warmstart wird das System durch eine entsprechende Programman-
weisung des Betriebssystems ĂĽber eine verkĂĽrzte Bootprozedur neu ge-
startet. Anders verhält es sich jedoch mit einem Kaltstart 1502, bei dem
die Stromzufuhr des Systems durch die Betätigung eines I / O-Schal-
ters 1503 oder durch Ziehen des Netzsteckers unterbrochen wird und erst
durch erneutes Betätigen des Schalters die Stromversorgung wieder-
hergestellt wird. In diesem Fall werden keine Daten eingegeben, wes-
halb das Ziehen des Netzsteckers bzw jede manuelle Unterbrechung
der Stromversorgung nicht unter die Tathandlungsbeschreibung des
§ 126 b zu subsumieren ist. Ob eine derartige Handlung der Sachbe-
1499 Auch Shortcuts oder Hotkeys genannt.
1500 Vgl etwa unter MS-DOS das gleichzeitige DrĂĽcken der Tasten STRG, ALT und DE-
LETE.
1501 Siehe dazu Dembowski, BIOS und Troubleshooting ( 2004 ) 482.
1502 Dieser führt zur vollständigen Neuinitialisierung des Systems.
1503 Ein- / Ausgabe bzw Input / Output-Schalter; vgl auch das Ziehen des Steckers der
Stromversorgung des Netzteils eines Computersystems aus der Steckdose.
back to the
book Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik