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338 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
7. Besitzen
In Verwirklichung der Besitztathandlung ist § 126 c ein Dauerdelikt.1667
Auf der einen Seite kann das Besitzen eine schlichte Tätigkeit durch
Tun darstellen ( schlichtes Tätigkeitsdelikt ), wenn der Täter den Ge-
wahrsam an der Sache aktiv aufrechterhält. Auf der anderen Seite kann
ein Besitzen auch durch ein Unterlassen verwirklicht werden, indem es
nämlich der Täter unterlässt, den Gewahrsam an der ( ggf aufgedräng-
ten ) inkriminierten Sache aufzugeben ( echtes Unterlassungsdelikt ).1668
Dadurch, dass die Gewahrsamserlangung an den inkriminierten Tat-
objekten gesondert durch die Tathandlung des » Sich-Verschaffens « ab-
gedeckt wird, erĂĽbrigt sich an dieser Stelle die PrĂĽfung, ob auch die
erstmalige » Besitzergreifung « vom Besitzen ( in dieser Form als Zu-
stand der HerbeifĂĽhrung von Gewahrsam und tatbestandlichem Er-
folg betrachtet ) erfasst wird.
Anzumerken ist jedenfalls, dass aufgrund des tatbestandlichen
unabdingbaren subjektiven Unrechtselements im erweiterten Vorsatz
auch der Besitz mit der ĂĽberschieĂźenden Innentendenz erfolgen muss,
dass das Schadprogramm – irgendwann und von wem auch immer –
zur Begehung eines der genannten Computerdelikte gebraucht wird
( kupiertes Erfolgsdelikt ). Dass das Schadprogramm aber tatsächlich in
weiterer Folge verwendet wird 1669, spielt fĂĽr die formelle Deliktsvollen-
dung keine Rolle. Es handelt sich dabei um einen rein subjektiv anvi-
sierten Erfolg des Täters, der außerhalb des Tatbestands angesiedelt
ist, aber zum Tatzeitpunkt vorliegen muss.
Die umfassenden Tathandlungen bringen zum Ausdruck, dass es
wohl keinen – wie auch immer gelagerten – ( illegalen ) Markt für Mal-
ware oder inkriminierte Zugangscodes zum Schutz der Privatsphäre
und des Vermögens geben soll. § 126 c Abs 1 beinhaltet einen alterna-
tiven Mischtatbestand mit rechtlich gleichwertigen Tathandlungen 1670,
weshalb eine Konstatierung einer in concreto falschen Tathandlung
prozessual nicht schadet. Freilich lieĂźe sich aber darĂĽber diskutieren,
ob nicht das Herstellen eines solchen Schadprogramms vom sozialen
1667 Vgl generell Hochmayr, Besitz, 63 ff; aA Kienapfel / Höpfel / Kert, AT 14, Z 9 Rz 30.
1668 Vgl etwa Hochmayr, Besitz, 53 ff bzw 147 f.
1669 Es reicht auch aus, dass der Täter den Gebrauch im Rechtsverkehr durch einen
anderen in seinem Vorsatz aufgenommen hat.
1670 AA Daxecker in SbgK § 126 c Rz 11.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik