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490 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Nach den GMat besitzt ein Tatobjekt, wer daran allein oder gemeinsam
mit anderen Gewahrsam hat, also die tatsächliche und unmittelbare
Herrschaft ĂĽber den Gegenstand ausĂĽben kann. Auch diese Tathand-
lung setzt einen Bezug zu einem körperlich fassbaren Gegenstand vo-
raus.2352
Es kommt daher nach hM in erster Linie auf die tatsächliche vom
Herrschaftswillen getragene unmittelbare Sachherrschaft an, die die
konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache impliziert.2353 Ob ein
faktisches Herrschaftsverhältnis vorliegt, ist dabei einzelfallbezogen
nach der verständigen Verkehrsauffassung zu beurteilen.2354 Die fakti-
sche Innehabung von solchen Darstellungen im temporären Internet-
Cache 2355 auf der Festplatte, reicht fĂĽr einen ( objektiven ) Besitz aber
bereits aus, selbst wenn der Täter davon nichts weiß.2356 Dies ergibt sich
zB aus einem – nach der Verkehrsauffassung zu beurteilenden – » gene-
rellen Herrschaftswillen «, der sich auf einen bestimmten » Herrschafts-
bereich « richtet ( zB Wohnung, Briefkasten, Computer, Handtasche,
Auto ) und nicht auf eine konkrete Sache innerhalb desselben.2357 Hoch-
mayr sieht einen solchen Herrschafts- oder Besitzwillen fĂĽr den Ge-
wahrsam an Sachen innerhalb der ( räumlichen ) Privatsphäre für ent-
behrlich an.2358 Entscheidend sei lediglich die Tatsache, dass sich die
Sache in der Privatsphäre befindet. Die Begrifflichkeit » Privatsphäre «
ist mE an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang ungeeignet, da
sich diese nicht nur auf Bereiche der » räumlichen Nähe « bezieht. Man
denke etwa an private E-Mails, die im Postfach auf einem räumlich ent-
fernten Mail-Server liegen und dennoch zur ( informationellen ) Privat-
sphäre des Postfachinhabers gehören. Es wäre wohl die Bezeichnung
» Bereich der räumlichen Nähe « bei Hochmayr treffsicherer.
Daher verhindert im Fall des Besitzes von inkriminierten Bildern
im Internet-Cache lediglich die NichterfĂĽllung des subjektiven Tatbe-
stands die Tatbestandsmäßigkeit des Besitzdelikts. Anders als bei der
2352 Vgl JAB 1848 BlgNR XVIII. GP, 3, darauf verweisend auch JAB 106 BlgNR XXIV. GP, 33.
2353 Siehe dazu ausf Hochmayr, Besitz, 10 mwN; weiters Kienapfel, BT II 3 § 127 Rz 54 ff;
weiters Leukauf / Steininger, StGB 3 § 127 Rz 21 ff; vgl auch OGH 28. 09. 2010, 14 Os
126 / 10a.
2354 Siehe OGH 10. 04. 1996, 13 Os 17 / 96 mwN.
2355 Technisch bedingte Zwischenspeicherung von Elementen von Websites.
2356 Vgl Hinterhofer in SbgK § 207 a Rz 61; vgl auch JAB 106 BlgNR XXIV. GP, 35.
2357 Vgl auch Kienapfel, BT II 3 § 127 Rz 72 ff; weiters Leukauf / Steininger, StGB 3 § 127
Rz 24 ff;
2358 Vgl Hochmayr, Besitz, 74 ff und 81.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik