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496 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Hochmayr erklärt dies bei Sachen, die sich außerhalb der Privat-
sphäre 2380 befinden, damit, dass sich der Gewahrsam an einer solchen
Sache aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen der Art der Sa-
che und ihrem Standort erschließt, wenn nämlich aus dieser Zusam-
menschau resultiert, dass über die Sache möglicherweise noch verfügt
werden wird.2381 Für die objektive Beurteilung, ob Gewahrsam an Sa-
chen außerhalb der Privatsphäre vorliegt, sind subjektive Elemente
erforderlich. Dem Gewahrsamsinhaber muss der Standort der Sache
zumindest mitbewusst sein und er muss den Willen haben, die Sache
haben zu wollen.2382 Das faktische Herrschaftsverhältnis ist in diesem
Fall abgeschwächt, aber nicht beseitigt.2383
Gewahrsam könnte daher prinzipiell vorliegen, wobei aber auf die
Körperlichkeit der konkreten Sache ( in der Herrschaftsgewalt der je-
weiligen Nutzer ) weitgehend verzichtet werden müsste ( was außer-
halb des Vermögensstrafrechts auch nicht wirklich problematisch
erscheint ). Was die Körperlichkeit der Sache anlangt, so käme man
nämlich erneut in Erklärungsnotstand, da zwar die entsprechenden
Bilddateien über Speicherbereiche der im fremden Gewahrsam befind-
lichen Festplatte verkörpert werden, diese aber nicht vom Herrschafts-
willen des Täters umfasst sind, der sich nur auf die Inhalte der Spei-
cherplätze bezieht. Der Online-Speicher ist wiederum nur » technischer
Gewahrsams- bzw Besitzdiener «, da die Dateien in ihrer funktionellen
Form 2384 sonst gar nicht existieren könnten.2385
2380 Wobei » Privatsphäre « von ihr iSv räumlicher Nähe ausgelegt wird. Diese ist aber
bekanntermaßen weiter zu verstehen, da auch ein E-Mail auf einem entfernten
Mail-Server oder eine Datei im Internet der Privatsphäre einer Person zuzurech-
nen sein wird.
2381 Siehe Hochmayr, Besitz, 82 und 146.
2382 Subjektive Elemente für den objektiven Tatbestand wirken sich nicht auf den sub-
jektiven Tatbestand aus. Es sind lediglich Teile des Tatbildvorsatzes sowohl für
den objektiven als auch für den subjektiven Tatbestand relevant ( siehe dazu Hoch-
mayr, Besitz, 83 ).
2383 Zum » gelockerten Gewahrsam « siehe Kienapfel, BT II 3 § 127 Rz 59; Kienap-
fel / Schmoller, StudB BT II § 127 Rz 67, Leukauf / Steininger, StGB 3 § 127 Rz 21; Bertel
in WK 2 § 127 Rz 15; Salimi in SbgK § 127 Rz 84; Birklbauer / Hilf / Tipold, Strafrecht
BT I 2 § 127 Rz 20 f; Schwaighofer, JSt 2012, 66; weiters auch jüngst OGH 28. 09. 2010,
14 Os 126 / 10a.
2384 Man könnte den Binärcode der Bilddatei auf Papier ausdrucken, was faktisch
sinnlos wäre.
2385 Siehe dazu oben.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik