Page - 524 - in Das materielle Computerstrafrecht
Image of the Page - 524 -
Text of the Page - 524 -
524 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Weise verfolgen.2516 Österreich ist einer solchen » offline «-Variante in Be-
zug auf § 208 a Abs 1 a – im Gegensatz zu Abs 1 – allerdings nicht gefolgt.
Die Tathandlung des § 208 a Abs 1 a besteht im Herstellen des Kon-
takts zu einer unmündigen Person ( § 74 Abs 1 Z 1 ) im Wege einer Tele-
kommunikation oder » unter Verwendung eines Computersystems « 2517.
In Anbetracht des neu geschaffenen Delikts fällt erneut 2518 auf, dass
der Gesetzgeber ein gesetzliches Tatbild normiert hat, dem eine sozial
inadäquate Verhaltensweise fehlt. So handelt jeder, der mit Unmündi-
gen über das Internet kommuniziert, bereits ( objektiv ) tatbestandsge-
mäß. Selbst wenn eine Kontaktaufnahme im Internet zu Unmündigen
erfolgt, muss der Inhalt der Kommunikation nicht einmal etwas mit
dem Inhalt der überschießenden Innentendenz ( dh der Absicht eine
strafbare Handlung nach § 207 a Abs 3 oder 3 a an diesem Unmündigen
zu begehen ) zu tun haben. Das Unrecht der Tat ergibt sich ausschließ-
lich aus dieser überschießenden Innentendenz.2519
Tatobjekt kann – trotz des allgemeinen Verweises des Bezugsob-
jekts des erweiterten Vorsatzes auf § 207 a Abs 3 und 3 a – nur eine un-
mündige Person ( § 74 Abs 1 Z 1 ) sein. § 208 a Abs 1 a reicht daher nur
soweit, als Unmündige vom Täter kontaktiert werden, nicht auch
wenn dieser es auf pornographische Darstellungen einer zB 15-jähri-
gen Person abgesehen hat und mit dieser dazu den Kontakt herstellt.
Warum solche Vorbereitungshandlungen lediglich iZm Unmündigen
und nicht auch mündigen Minderjährigen – wie es § 207 a Abs 3 und
3 a vorsehen – strafbar sein sollen, ergibt sich wohl in erster Line aus
der Richtlinie 2011 / 93 / EU selbst, wenn in Art 6 Abs 1 und 2 von Kindern
gesprochen wird, die das Alter der sexuellen Mündigkeit noch nicht
erreicht haben. Darunter versteht Art 2 lit b RL 2011 / 93 / EU » das Alter,
unterhalb dessen die Vornahme sexueller Handlungen mit einem Kind
nach dem nationalen Recht verboten ist «. In Österreich wurde dieses
Alter mit 14 Jahren festgesetzt, was sich aus den Bestimmungen des
§§ 206 und 207 ergibt, wonach die Personen » unmündig « iSd § 74 Abs 1
Z 1 sein müssen.2520
2516 Vgl ErwG 19 RL 2011 / 93 / EU.
2517 Zur missverständlichen Diktion » unter Verwendung eines Computersystems « so-
wie zu den IKT-Mittel im deliktspezifischen Zusammenhang siehe bereits oben
das zu § 208 a Abs 1 Z 1 zweiter Fall Gesagte.
2518 Wie zB auch schon § 208 a Abs 1.
2519 Siehe dazu kritisch gleich im Anschluss zur subjektiven Tatseite.
2520 Vgl auch ErlStV 881 BlgNR XXIV. GP, 12.
back to the
book Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik