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588 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
9. Zum Betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauch
( § 148 a )
Dem Tatbestand des § 148 a fehlt ein dem Betrugstatbestand ver-
gleichbares objektives Gefährlichkeitselement der Tathandlung, was
auch die hM mit ihrer Begründung einer » betrugsähnlichen « Konzep-
tion durch teleologisch-systematische Erwägungen indirekt fordern
müsste. Dass einzig der erweiterte Vorsatz und daher lediglich eine
» sozial inadäquate Intention « als tatsächliches unrechtsbegründendes
Element ausschlaggebend sein soll, erscheint inadäquat. Daraus folgt,
dass nicht vorrangig die Gefährlichkeit des objektiven Verhaltens be-
straft wird, sondern der Tatplan und somit faktisch die Gesinnung des
Täters, was bedenklich erscheint.
Der Ansatz einer Lehrmeinung, für die Anwendung des § 148 a eine
» Mensch-anstelle-Maschine-Prüfung « vorzunehmen, die als interpre-
tative Grundlage einen Vergleich mit Kerninhalten anderer Bestim-
mungen hat, ist rechtspolitisch wie dogmatisch problembehaftet.
Herausgearbeitete Unterschiede des § 148 a zu § 146, die gegen eine
Betrugsähnlichkeit sprechen sind: 1.) Beim Betrug handelt es sich
um ein verhaltensgebundenes Delikt, das eine » Täuschung über Tat-
sachen « im äußeren Verhalten unverzichtbar erforderlich macht. Als
Gegenstück dazu ist aus dem Wortlaut des § 148 a lediglich die äußere
Handlungsweise der Gestaltung eines Programms oder die Eingabe
von Daten genannt, die zur Beeinflussung eines Ergebnisses führen
muss. Zwischen einer Täuschung eines Menschen ( iSd § 146 ) und der
( bloßen ) Eingabe von ( zB richtigen ) Daten ist jedoch zumindest ein
deutlicher Unterschied im tatbestandlichen Unrecht erkennbar. 2.)
Was das Maß der kriminellen Energie anlangt, ist die Täuschung ei-
nes Menschen gegenüber der bloßen Eingabe von Daten ( wenn auch
mit dem Vorsatz der Bereicherung ) höher zu bewerten und daher auch
mit einem höheren Unrechtsgehalt verbunden. 3.) § 146 ist von seiner
Konzeption aus betrachtet ein Selbstschädigungsdelikt, § 148 a aber ein
Fremdschädigungsdelikt. 4.) Es gibt bezüglich § 148 a kein dem » Notbe-
trug « ( § 150 ) vergleichbares Delikt. Bei Annahme einer Betrugsähnlich-
keit ist eine adäquate Privilegierung auch für § 148 a in den Fällen indi-
ziert, in denen die Begehung aus Not mit einem nur geringen Schaden
geschieht.
Aus kriminalpolitischer Sicht ist die Verneinung einer strafbaren
Beteiligung an Delikten mit überschießender Innentendenz nach de-
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik