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Verlautbarung erschien, waren gekennzeichnet vom Höchststand der tägli-
chen Neuinfektionen und der Ungewissheit darĂĽber, ob die drastischen
MaĂźnahmen des Lockdowns ausreichen wĂĽrden, um die Ansteckungsrate
zu bremsen und die Ăśberlastung des Gesundheitswesens abzuwenden. Zu-
gleich wurden allmählich erste Folgeprobleme sozialer Isolation, mangeln-
der Bewegung und wirtschaftlicher Einschränkungen öffentlich themati-
siert – so etwa die Sorge vor einer Zunahme häuslicher Gewalt sowie psy-
chischer und somatischer Erkrankungen bei Personen in Quarantäne. Vor
diesem Hintergrund betont die NEK-CNE in ihrer Verlautbarung, dass es
zwischen dem Schutz der Gesundheit und den Langzeitfolgen, die mit den
getroffenen MaĂźnahmen und den damit verbundenen wirtschaftlichen
Schäden einhergehen und auch gesundheitlicher Natur sein können, sorg-
fältig abzuwägen gelte – insbesondere auch, da die Langzeitfolgen nament-
lich die Schwächsten der Gesellschaft treffen könnten. In Anbetracht die-
ser Abwägung fordert die Kommission in ihrer Verlautbarung die Bevölke-
rung auf, den von den Behörden angeordneten Maßnahmen Folge zu leis-
ten. Dies betreffe in erster Linie die Empfehlung des Bundesrats, wenn im-
mer möglich zu Hause zu bleiben und soziale Nahkontakte zu reduzieren.
„Sie mitzutragen“, so die NEK-CNE, „ist von zentraler Bedeutung, um die
Risikogruppen, die am stärksten von Covid-19-Erkrankungen betroffen
sind, zu schützen.“6 Die Einhaltung der angeordneten Maßnahmen könne
„die Verbreitung des Virus verlangsamen und der Überlastung des Ge-
sundheitswesens mit all ihren dramatischen Auswirkungen auf den Zu-
gang zu ĂĽberlebensnotwendigen Behandlungen und den massiven Zumu-
tungen für das Gesundheitspersonal entgegenwirken.“ Diese Einschrän-
kungen mitzutragen sei aber auch deshalb ethisch gefordert, weil nur so
weitergehende Freiheitsbeschränkungen wie eine – damals noch zur Dis-
kussion stehende – allgemeine Ausgangssperre abgewendet und bereits er-
griffene Maßnahmen zeitlich so kurz wie möglich gehalten werden könn-
ten. Auf ihre AusfĂĽhrungen im Pandemieplan bezugnehmend hielt die
NEK-CNE fest, dass in der aktuellen Situation aus ethischer Sicht Lebens-
schutz, Gerechtigkeit, Freiheit, Verantwortung und Solidarität im Zen-
trum stünden. Wesentlich, so die Kommission weiter, seien „zudem die
Verhältnismässigkeit der eingesetzten Mittel sowie die Wahrung des Ver-
trauens der Bevölkerung in staatliche Institutionen durch bestmögliche In-
formationen und stichhaltige Begründungen von freiheitsbeschränkenden
Massnahmen.“
6 Alle Zitate in diesem Abschnitt entstammen der oben erwähnten Medienmittei-
lung der NEK-CNE vom 27. März 2020 (vgl. FN 5).
Nadine BrĂĽhwiler, Simone Romagnoli, Jean-Daniel Strub
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, MenschenwĂĽrde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik