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136 | Wien im Ständestaat
Ähnlich erging es auch dem Österreichischen Verband der Kleingärtner, Siedler und Klein-
tierzüchter. Im März 1934 übernahm ein Verwaltungsausschuss des Bundesministeriums für
Land- und Forstwirtschaft den bisher demokratisch geleiteten, jedoch der sozialistischen
Partei nahe stehenden Verband.557
Beide Verbände wurden in den Österreichischen Hauptverband für Siedlungs- und Klein-
gartenwesen in der Vaterländischen Front eingegliedert, wo sie als Pflichtverbände für jeweils
einen speziellen Bereich des Siedlungswesens verantwortlich waren. Der Zentralverband
der gemeinnützigen Baugenossenschaften in Österreich war für Bau-, Wohn- und Siedlungsge-
nossenschaften zuständig, der Österreichische Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintier-
züchter für die Kleingarten- und Schrebergartenvereine. Die KleintierzüchterInnen wurden
eigens im Bund der Kaninchen- und Kleintierzüchter Österreichs zusammengefasst.
Das Bundes-, Wohn- und Siedlungsamt im Bundesministerium für soziale Verwaltung übernahm
die Oberhoheit über die gemeinnützigen Bauvereinigungen, das Bundesministerium für
Land und Forstwirtschaft über die Verbände der SchrebergärtnerInnen und der Kleintier-
züchterInnen.558 Gleichzeitig wurden die politisch neu ausgerichteten Vereine und Genos-
senschaften von den Bundesstellen auf den präferierten Randsiedlungsbau eingeschworen.559
2.3.1.3 Die Realität des Randsiedlungsbaus in Wien
Der Randsiedlungsbau wurde wie im Roten Wien rechtlich im Rahmen des Bundes-, Wohn-
und Siedlungsfonds des Bundes-, Wohn- und Siedlungsamtes560 durchgeführt.561
Innerhalb der dritten und vierten Stadtrandsiedlungsaktion vom 26. Juni 1934 und
8. November 1935 wurde der Bau neuer Siedlungen durch die Wiener Bürgerschaft beschlos-
sen.562 Die treuhändische Verwaltung dieser Siedlungsaktionen wurde durch die Gemeinde
557 Posch, Gartenstadtbewegung, 1981, S. 96.
558 Amand Vejborny, Was soll der Hauptverband?, in: Die Baugenossenschaft, Jg. 7, 20. August 1934, Nr. 8, Wien, S. 98;
Amand Vejborny, Die Stellung des Hauptverbandes und seiner Unterverbände, in: Die Baugenossenschaft, Jg. 7, 20. Ok-
tober 1934, Nr. 10, Wien, S. 125.
559 Baute das Bundes-, Wohn- und Siedlungsamt des Bundesministeriums für soziale Verwaltung nach eigenen Angaben
1932 noch neun Mietshäuser und 54 Ein- und Zweifamilienhäuser mit insgesamt 223 Wohnungen und 1933 fünf
Mietshäuser und 59 Ein- und Zweifamilienhäuser mit 115 Wohnungen, so entstanden im Ständestaat 1934 nur noch
42 Ein- und Zweifamilienhäuser mit 50 Wohnungen. Die Randsiedlungsaktion von 1932 nahm mit 209 Randsiedlungs-
häusern immer mehr Raum ein. 1933 waren es 418 Häuser, 1934 1.343 Häuser und 1935 wurde mit 2.081 Randsied-
lungshäusern der Höchststand erreicht, vgl.: Volkswohnungen in Österreich, Note des BKA, Auswärtige Angelegen-
heiten, wegen Anfrage dr kgl.ital. Gesandtschaft in Wien, in: AdR BMfsV 1, 7. BWSA, Schachtel: 3400; zum Vergleich:
Seit seiner Initiierung 1921 bis 1928 wurden mit der Hilfe des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds in Wien insgesamt
454 Siedlungshäuser errichtet, vgl.: Hoffmann, Entproletarisierung, in: Botz, Hautmann, Konrad, Weidenholzer (Hg.),
Bewegung und Klasse, 1978, S. 718.
560 Gesetzliche Grundlage waren das Bundesgesetz vom 15. April 1921, BGBl. Nr. 252/1921 und das Statut des Bundes-
Wohn- und Siedlungsfonds BGBl. Nr. 187/1925. Damit konnte neben dem gewährten Budget auf rückfließende Annu-
itäten von vormals gewährten Darlehen des Fonds zurückgegriffen werden, vgl.: Vogel, Förderung, in: Zeitschrift des
Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Nr. 89, Heft 19/20, Wien, 1937, S. 114.
561 Melinz, Unger (Hg.), Wohlfahrt und Krise, 1996, S. 27.
562 Magistrat der Stadt Wien (Hg.), Drei Jahre neues Wien, 1937, S. 26.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Title
- Das Schwarze Wien
- Subtitle
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Author
- Andreas Suttner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 296
- Categories
- Geschichte Nach 1918