Page - 194 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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194 | Wien im Ständestaat
Der Stadtrandsiedlungsbau wurde direkt vom deutschen Beispiel der konservativen
Regierung Brüning der Weimarer Republik übernommen und bereits 1932 durch Bundes-
gelder in Angriff genommen. Ähnliche Strategien boten dem Ständestaat auch die back
to the land-Bewegung im Amerika des New Deal und der Stadtrandsiedlungsbau des
faschistischen Italien.
Eine Stadtsanierungsstrategie lehnte sich an die italienische Sanierung Roms an. Die
autoritäre Verwaltung Wiens adaptierte dafür das Bundesgesetz zur Förderung der Wohnbau-
tätigkeit, das von 1929 bis 1932 zur Ankurbelung privater Bautätigkeit im Roten Wien
durchgeführt wurde. Der sogenannte Assanierungsfonds wurde durch das Kleinwohnungs-
hausförderungsgesetz 1937 auch auf Bundesebene durchgesetzt.
Die Errichtung monumentaler Verwaltungsgebäude wurde aus dem internationalen
Diskurs zwischen Italien, Deutschland und der Sowjetunion 1935 abgeleitet. Besonders
beim Bau der Frontführerschule 1937 des Architekten Kramreiters ist der Einfluss des Foro
Mussolini und des nationalsozialistischen Reichssportfeld ersichtlich. Trotzdem konnte im
Dollfuß-/Schuschnigg-Regime durch die Verschmelzung mit einer katholischen Kapelle
als Kulisse für Veranstaltungen ein eigener Stil gefunden werden.
Internationale Beispiele halfen auch bei der Findung der Form und Ausgestaltung von
Verkehrsbauten, wie sie in Einzelplanungen an der Technischen Hochschule Wien ersonnen
wurden. Hier war vor allem der internationale Diskurs für zentrale Verkehrsbauten wie
Bahnhöfe und Stadtflughäfen tragend, insbesondere der Staaten Deutschland, Italien, USA,
England und der Sowjetunion. Die Projekte hatten aufgrund des eingeschränkten Ver-
kehrsnetzes und der nicht vorhandenen Finanzmittel keine Aussicht auf Verwirklichung,
zeigen aber die internationale Reichweite der Planungsdiskurse für die Stadt Wien.
2 5 2 Die städtebauliche Wohnbaustrategie
Ab 1934 wurde im ständestaatlichen Wien vom Bund und der Stadt jeweils eine eigene
Baustrategie favorisiert, die sich nach der politischen Säuberung der gesamten Bau- und
Wohnungsverwaltungslandschaft endgültig entfalten konnte. Dabei halfen vor allem
Zentralisierungsmaßnahmen des Bundes und der Länder, die die Konzepte autoritär
durchsetzen konnten. Beispielgebend für die Bautätigkeit im schwarzen Wien war das
Wohnbauförderungsgesetz von 1929.
Die Stadt Wien konzentrierte sich innerhalb der Förderung des Assanierungsfonds auf
die Auslagerung der Bautätigkeit an private BauherrInnen, die Lückenverbauungen im
dicht verbauten Stadtgebiet ausführen sollten.836 Bürgermeister Richard Schmitz hatte
dafür anfangs aber keine zweckdienlichen Instrumente geschaffen, sondern vielmehr die
gesamte Planung in seine eigenen Hände genommen. Er kontrollierte persönlich das
836 Der Hintergrund einer besseren finanziellen Verwertung durch die HausbesitzerInnen ist schon durch die Propaganda
bezüglich dem Mehr an Wohnungen leicht zu erahnen.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Title
- Das Schwarze Wien
- Subtitle
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Author
- Andreas Suttner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 296
- Categories
- Geschichte Nach 1918