Page - 7 - in Der Bau
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mehrere PlÀtze von der Art meines Burgplatzes hat. Mehrere solche PlÀtze!
Freilich! Aber wer kann das schaffen? Auch sind sie im Gesamtplan meines
Baus jetzt nachtrĂ€glich nicht mehr unterzubringen. Zugeben aber will ich, daĂ
darin ein Fehler des Baus liegt, wie ĂŒberhaupt dort immer ein Fehler ist, wo
man von irgend etwas nur ein Exemplar besitzt. Und ich gestehe auch ein, daĂ
in mir wĂ€hrend des ganzen Baues dunkel im BewuĂtsein, aber deutlich genug,
wenn ich den guten Willen gehabt hÀtte, die Forderung nach mehreren
BurgplĂ€tzen lebte, ich habe ihr nicht nachgegeben, ich fĂŒhlte mich zu
schwach fĂŒr die ungeheure Arbeit; ja, ich fĂŒhlte mich zu schwach, mir die
Notwendigkeit der Arbeit zu vergegenwÀrtigen, irgendwie tröstete ich mich
mit GefĂŒhlen von nicht minderer Dunkelheit, nach denen das, was sonst nicht
hinreichen wĂŒrde, in meinem Fall einmal ausnahmsweise, gnadenweise,
wahrscheinlich, weil der Vorsehung an der Erhaltung meiner Stirn, des
Stampfhammers, besonders gelegen ist, hinreichen werde. Nun so habe ich
nur einen Burgplatz, aber die dunklen GefĂŒhle, daĂ der eine diesmal nicht
hinreichen werde, haben sich verloren. Wie es auch sei, ich muĂ mich mit
dem einen begnĂŒgen, die kleinen PlĂ€tze können ihn unmöglich ersetzen und
so fange ich dann, wenn diese Anschauung in mir gereift ist, wieder an, alles
aus den kleinen PlĂ€tzen zum Burgplatz zurĂŒckzuschleppen. FĂŒr einige Zeit ist
es mir dann ein gewisser Trost, alle PlÀtze und GÀnge frei zu haben, zu sehen,
wie auf dem Burgplatz sich die Mengen des Fleisches hÀufen und weithin bis
in die Ă€uĂersten GĂ€nge die Mischung der vielen GerĂŒche senden, von denen
jeder in seiner Art mich entzĂŒckt und die ich aus der Ferne genau zu sondern
imstande bin. Dann pflegen besonders friedliche Zeiten zu kommen, in denen
ich meine SchlafplĂ€tze langsam, allmĂ€hlich von den Ă€uĂeren Kreisen nach
innen verlege, immer tiefer in die GerĂŒche tauche, bis ich es nicht mehr
ertrage und eines Nachts auf den Burgplatz stĂŒrze, mĂ€chtig unter den VorrĂ€ten
aufrÀume und bis zur vollstÀndigen SelbstbetÀubung mit dem Besten, was ich
liebe, mich fĂŒlle. GlĂŒckliche, aber gefĂ€hrliche Zeiten; wer sie auszunĂŒtzen
verstĂŒnde, könnte mich leicht, ohne sich zu gefĂ€hrden, vernichten. Auch hier
wirkt das Fehlen eines zweiten oder dritten Burgplatzes schÀdigend mit, die
groĂe einmalige GesamtanhĂ€ufung ist es, die mich verfĂŒhrt. Ich suche mich
verschiedentlich dagegen zu schĂŒtzen, die Verteilung auf die kleinen PlĂ€tze ist
ja auch eine derartige MaĂnahme, leider fĂŒhrt sie wie andere Ă€hnliche
MaĂnahmen durch Entbehrung zu noch gröĂerer Gier, die dann mit
Ăberrennung des Verstandes die VerteidigungsplĂ€ne zu ihren Zwecken
willkĂŒrlich Ă€ndert.
Nach solchen Zeiten pflege ich, um mich zu sammeln, den Bau zu
revidieren und, nachdem die nötigen Ausbesserungen vorgenommen sind, ihn
öfters, wenn auch immer nur fĂŒr kurze Zeit zu verlassen. Die Strafe, ihn lange
zu entbehren, scheint mir selbst dann zu hart, aber die Notwendigkeit
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Der Bau
- Title
- Der Bau
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1931
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 29
- Categories
- Weiteres Belletristik