Page - 16 - in Der Bau
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die Notwendigkeit, schnell alle RÀume wenigstens oberflÀchlich zu
besichtigen, vor allem aber eiligst zum Burgplatz vorzudringen, das alles
verwandelt meine MĂŒdigkeit in Unruhe und Eifer, es ist, als hĂ€tte ich wĂ€hrend
des Augenblicks, da ich den Bau betrat, einen langen und tiefen Schlaf getan.
Die erste Arbeit ist sehr mĂŒhselig und nimmt mich ganz in Anspruch: die
Beute nÀmlich durch die engen und schwachwandigen GÀnge des Labyrinths
zu bringen. Ich drĂŒcke vorwĂ€rts mit allen KrĂ€ften und es geht auch, aber mir
viel zu langsam; um es zu beschleunigen, reiĂe ich einen Teil der
Fleischmassen zurĂŒck und drĂ€nge mich ĂŒber sie hinweg, durch sie hindurch,
nun habe ich bloà einen Teil vor mir, nun ist es leichter, ihn vorwÀrts zu
bringen, aber ich bin derart mitten darin in der FĂŒlle des Fleisches hier in den
engen GĂ€ngen, durch die es mir, selbst wenn ich allein bin, nicht immer leicht
wird durchzukommen, daà ich recht gut in meinen eigenen VorrÀten ersticken
könnte, manchmal kann ich mich schon nur durch Fressen und Trinken vor
ihrem Andrang bewahren. Aber der Transport gelingt, ich beende ihn in nicht
zu langer Zeit, das Labyrinth ist ĂŒberwunden, aufatmend stehe ich in einem
regelrechten Gang, treibe die Beute durch einen Verbindungsgang in einen fĂŒr
solche FÀlle besonders vorgesehenen Hauptgang, der im starkem GefÀlle zum
Burgplatz hinabfĂŒhrt. Nun ist es keine Arbeit mehr, nun rollt und flieĂt das
Ganze fast von selbst hinab. Endlich auf meinem Burgplatz! Endlich werde
ich ruhen dĂŒrfen. Alles ist unverĂ€ndert, kein gröĂeres UnglĂŒck scheint
geschehen zu sein, die kleinen SchÀden, die ich auf den ersten Blick bemerke,
werden bald verbessert sein, nur noch vorher die lange Wanderung durch die
GĂ€nge, aber das ist keine MĂŒhe, das ist ein Plaudern mit Freunden, so wie ich
es tat in alten Zeiten oder â ich bin noch gar nicht so alt, aber fĂŒr vieles trĂŒbt
sich die Erinnerung schon völlig â wie ich es tat oder wie ich hörte, daĂ es zu
geschehen pflegt. Ich beginne jetzt mit dem zweiten Gang absichtlich
langsam, nachdem ich den Burgplatz gesehen habe, habe ich endlose Zeit â
immer innerhalb des Baues habe ich endlose Zeit-, denn alles, was ich dort
tue, ist gut und wichtig und sĂ€ttigt mich gewissermaĂen. Ich beginne mit dem
zweiten Gang und breche die Revision in der Mitte ab und gehe zum dritten
Gang ĂŒber und lasse mich von ihm zum Burgplatz zurĂŒckzufĂŒhren und muĂ
nun allerdings wieder den zweiten Gang von neuem vornehmen und spiele so
mit der Arbeit und vermehre sie und lache vor mich hin und freue mich und
werde ganz wirr von der vielen Arbeit, aber lasse nicht von ihr ab.
Euretwegen, ihr GÀnge und PlÀtze und deine Fragen vor allem, Burgplatz, bin
ich ja gekommen, habe mein Leben fĂŒr nichts geachtet, nachdem ich lange
Zeit die Dummheit hatte, seinetwegen zu zittern und die RĂŒckkehr zu euch zu
verzögern. Was kĂŒmmert mich die Gefahr jetzt, da ich bei euch bin. Ihr gehört
zu mir, ich zu euch, verbunden sind wir, was kann uns geschehen. Mag sich
oben auch das Volk schon drÀngen und die Schnauze bereit sein, die das
Moos durchstoĂen wird. Und mit seiner Stummheit und Leere begrĂŒĂt nun
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Der Bau
- Title
- Der Bau
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1931
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 29
- Categories
- Weiteres Belletristik