Page - 23 - in Der Bau
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und neue GerÀuschstellen festzustellen, was wahrhaftig sehr leicht ist, denn es
erfordert nichts, als an einem beliebigen Ort stehenzubleiben und zu horchen.
Und noch weitere unnĂŒtze Entdeckungen mache ich. Manchmal scheint es
mir, als habe das GerÀusch aufgehört, es macht ja lange Pausen, manchmal
ĂŒberhört man ein solches Zischen, allzusehr klopft das eigene Blut im Ohr,
dann schlieĂen sich zwei Pausen zu einer zusammen und ein Weilchen lang
glaubt man, das Zischen sei fĂŒr immer zu Ende.
Man horcht nicht mehr weiter, man springt auf, das ganze Leben macht
eine UmwÀlzung, es ist, als öffne sich die Quelle, aus welcher die Stille des
Baues strömt. Man hĂŒtet sich, die Entdeckung gleich nachzuprĂŒfen, man
sucht jemanden, dem man sie vorher unangezweifelt anvertrauen könne, man
galoppiert deshalb zum Burgplatz, man erinnert sich, da man mit allem, was
man ist, zu neuem Leben erwacht ist, daĂ man schon lange nichts gegessen
hat, man reiĂt irgend etwas von den unter der Erde halb verschĂŒtteten
VorrÀten hervor und schlingt daran noch, wÀhrend man zu dem Ort der
unglaublichen Entdeckung zurĂŒcklĂ€uft, man will sich zuerst nur nebenbei, nur
flĂŒchtig wĂ€hrend des Essens von der Sache nochmals ĂŒberzeugen, man
horcht, aber das flĂŒchtige Hinhorchen zeigt sofort, daĂ man sich schmĂ€hlich
geirrt hat, unerschĂŒttert zischt es dort weit in der Ferne. Und man speit das
Essen aus und möchte es in den Boden stampfen und man geht zu seiner
Arbeit zurĂŒck, weiĂ gar nicht, zu welcher; irgendwo, wo es nötig zu sein
scheint, und solcher Orte gibt es genug, fÀngt man mechanisch etwas zu tun
an, so als sei nur der Aufseher gekommen und man mĂŒsse ihm eine Komödie
vorspielen. Aber kaum hat man ein Weilchen derart gearbeitet, kann es
geschehen, daà man eine neue Entdeckung macht. Das GerÀusch scheint
stĂ€rker geworden, nicht viel stĂ€rker natĂŒrlich, hier handelt es sich immer nur
um feinste Unterschiede, aber ein wenig stÀrker doch, deutlich dem Ohre
erkennbar. Und dieses StÀrkerwerden scheint ein NÀherkommen, noch viel
deutlicher als man das StÀrkerwerden hört, sieht man förmlich den Schritt, mit
dem es nĂ€her kommt. Man springt von der Wand zurĂŒck, man sucht mit
einem Blick alle Möglichkeiten zu ĂŒbersehen, welche diese Entdeckung zur
Folge haben wird. Man hat das GefĂŒhl, als hĂ€tte man den Bau niemals
eigentlich zur Verteidigung gegen einen Angriff eingerichtet, die Absicht
hatte man, aber entgegen aller Lebenserfahrung schien einem die Gefahr eines
Angriffs und daher die Einrichtungen der Verteidigung fernliegend â oder
nicht fernliegend (wie wÀre das möglich!), aber im Rang tief unter den
Einrichtungen fĂŒr ein friedliches Leben, denen man deshalb im Bau ĂŒberall
den Vorzug gab. Vieles hÀtte in jener Richtung eingerichtet werden können,
ohne den Grundplan zu stören, es ist in einer unverstÀndlichen Weise
versĂ€umt worden. Ich habe viel GlĂŒck gehabt in allen diesen Jahren, das
GlĂŒck hat mich verwöhnt, unruhig war ich gewesen, aber Unruhe innerhalb
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Der Bau
- Title
- Der Bau
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1931
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 29
- Categories
- Weiteres Belletristik