Page - 146 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
Image of the Page - 146 -
Text of the Page - 146 -
OpenAccess © 2019byBÖHLAUVERLAGGMBH&CO.KG,WIENKÖLNWEIMAR
146 KRIEG UND FRIEDEN
8
SchützetdasVadarland
VordiesemG'schmaisö,
Oesseytsas leichtanStand,
Tradtsös,wied'Laisö.
DaswirddenFranzal frai'n
Unsarn liebnKaisar!
Wannmaraft Jubal schrayn,
Bismarsanhaisar. 9
Miarhaltnallöz'am,
Saindtraiundbiadar,
Undschoiss'nanGottasNam
Varreatharniadar.
MiarhabanGlaubnnoch,
SandguateLaithe;
Haißtsglai:TyrolarZoch!
Uns isaFraidte. [...]99
2,2Sprissal]Holzsplitter2,3Grid]Grind,hier:Kopf,Schädel2,4Maggstös]walkt,quetschtsie2,5Aft]dann
Blearar thain] plärren 2,6 rotzen] (übertrieben) weinen 2,7 Schaints] verschont 2,8 auf d'Fotzen] aufs Maul
4,4 draihnen] drohen 4,5 6 Sechsö ... jadar] mit sechs nimmt es ein jeder auf 5,2 Oes] ihr glam] glauben
5,6 öhns] es ihnen 9,7 Tyrolar Zoch] Tiroler Zeug (abwertend für Waren der fahrenden Händler aus dem
Tirolerischen)8,3 Oesseytsas] ihrseides8,4 Tradtsös]zerquetscht, tötet sie
TatsächlichsolldasmartialischeLiedalsKampfgesangimTuxertalzumEinsatzgekom-
men sein. Die Vehemenz dieses rhetorischen Feldzugs gegen die Franzosen, der auch
nicht vor biologistischen Ungeziefer-Vergleichen und Vernichtungsphantasien zurück-
schreckt, ist im Zusammenhang mit einem sich herausbildenden nationalen Selbstbe-
wusstsein zu sehen, das in der ethnischen Abgrenzung politisch funktionalisiert wurde
unddenBefreiungskampf-Mythosvon1809erstmöglichmachte.
Soldatenwerbung,ZwangsrekrutierungundKriegsleid
Dass immer wieder junge Männer aus der Landbevölkerung ob standardsprachlich
oder dialektal als Identi kations-, Projektions- oder Verlach guren in der Kriegsli-
teratur vor 1800 fungieren, kann nicht verwundern. Sie mussten den Hauptanteil der
damit verbundenen Belastung über Steuer- und Naturalienabgaben, Dienste, Zwangs-
einquartierungen, Requirierungen, Flurschäden etc. tragen. Vor allem aber stellte die
bäuerlicheBevölkerungtraditionellbeiWeitemdasgrößteSoldatenkontingent.
Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatten sich
in nahezu allen europäischen Staaten stehende Heere etabliert, die auch in Friedenszei-
ten bestanden und durch den Staat bezahlt, versorgt und ausgestattet wurden,100 was
die Staatsausgaben stark steigen ließ in Preußen etwa betrug der Anteil der Militär-
aufwendungen zur Zeit Friedrichs des Großen sogar in Friedenszeiten regelmäßig 80%
der Staatsausgaben.101 Auch die Truppenstärke nahm zuvor unbekannte Dimensionen
an und tendierte im Verlauf des Jahrhunderts zu etwa 2% der Gesamtbevölkerung.102
99 Ebda.,S.160f.
100 Vgl. Michael Busch: Der Bauer als Soldat. Ein gescheitertes Konzept der Heeresaufbringung? In: Ralf
Pröve (Hg.): Klio in Uniform? Probleme und Perspektiven einer modernen Militärgeschichte der frühen
Neuzeit.Köln/Weimar/Wien:Böhlau1997,S.143 166,hier151f.
101 Vgl.Rolf-DieterMüller:Militärgeschichte.Köln/Weimar/Wien:Böhlau2009,S.152.
102 Vgl.WolfgangvonHippel:Armut,Unterschichten,Randgruppeninder frühenNeuzeit.2., aktual.u.um
einenNachtragerw.Au .München:Oldenbourg2013. (EnzyklopädiedeutscherGeschichte34)S.28.
back to the
book Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Title
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Subtitle
- Eine andere Literaturgeschichte
- Authors
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 652
- Keywords
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen